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2013 Lubaga Uganda

Weihnachtsbrief von Dr. Adolf Diefenhardt

Lubaga Hospital
P.O. Box 14130
KAMPALA/Uganda
Im Advent 2013

Liebe Freundinnen und Freunde Rubagas,

Ein Kalenderjahr neigt sich dem Ende. Es ist guter Brauch innezuhalten und darüber nachzudenken, was alles geschehen ist: dankbar zu sein für all das Schöne und Gute, und voller Neugier, was uns der Herr durch die ungelösten Knoten, die uns immer begleiten werden, mitteilen möchte.

Welche Schritte sind wir gegangen? Was war wirklich wichtig und woran kann man sehen, daß wir uns in die richtige Richtung bewegen. Die Zahlen und Aktivitäten, die sicher nicht abgenommen haben sagen sicher einiges aus. Wir haben zwar nicht in jedem Bereich mehr Patienten, aber der Wunsch mehr für den Patienten da zu sein, mehr Qualität zu bieten und ein besseres Ambiente zu schaffen zeigt sich in vielen Bereichen.

So konnte die Pharmazie von 11 auf das Krankenhaus verteilte Räume in einem Gebäude gebündelt werden. Das bedeutet für den Patienten, daß eine bessere und modernere Pharmazie 24/24 Stunden zur Verfügung steht. Das Labor ist gewachsen und bietet jetzt auch Tests für die Verlaufskontrolle von resistenten Tuberkulosepatienten und während der wichtigen Behandlung von AIDS-Patienten, von denen wir allein 3.000 in regel-mäßiger Kontrolle haben. Der Umbau des Labors hat Platz geschaffen für eine patientengerechte Blutabnahmestelle, die jetzt nicht mehr im Korridor stattfinden muß. 

Wir haben jetzt eine Notaufnahme mit mehr als 7 Betten, in denen durchgehend schwerkranke Patienten aufgenommen werden können – sowohl mit internistischen als auch chirugischen Problemen. Hier haben wir kontinuierlich Sauerstoffversorgung, Monitore für Blutdruck, Puls und Sauerstoffsättigung sowie auch einen Notfall-OP. Weitere Dienste wie Zahn- und Augenklinik und die Gastroskopie haben ihren Dienst wieder aufgenommen. Wichtige Dokumente wie Richtlinien für die Beschaffung von Material, für die Finanzen und das Personal wurden entwickelt und vom Vorstand verabschiedet. 

Wir hatten Experten bei uns, die uns geholfen haben, verschiedene Bereiche genauer anzuschauen und Empfehlungen zu geben: so wurden folgende Bereiche genau untersucht: die Wasserversorgung, die Regelung für das Abwasser, die Elektrizitätsversorgung und die Situation der Kabelung, die Abfallentsorgung und –verwertung und eine Studie über unser elektronisches Krankenhausmanagementsystem. Dabei sind viele Baustellen skizziert worden, die es in den nächsten Jahren anzupacken gilt. Einiges haben wir bereits im letzten Jahr auf den Weg gebracht.

Besonders freut mich, daß wir durch die Wiederbelebung des Brunnens des Krankenhauses viel Geld sparen können. Falls wir in Zukunft an die öfffentliche Abwasserentsorgung angeschlossen werden sollten ist das auch ganz wichtig, denn wie in Deutschland wird die Abwassergebühr nach dem Wasserverbrauch berechnet. Wenn der niedrig ist, dann sind auch die Abwassergebühren niedrig.

Ich hoffe auch, daß wir unsere Energiekosten senken können – wir zahlen an Strom allein mehr als 7500 € im Monat! Leider haben wir einen ungünstigen Tarif. Wir hätten eigentlich Anspruch auf einen Industrietarif – damit könnten wir die Kosten mindestens halbieren! An der manchmal schwierigen Zusammenarbeit mit den öffentlichen Autoritäten müssen wir auch verstärkt arbeiten. Ich sage oft – wir erhalten zwar von der Regierung ungefähr 130 Mio USH im Jahr (ca. 39.400 €), aber bei einem Gesamtbudget von mehr als 3,5 Mio €/Jahr ist das nur ein Zuschuß von 1-2% an Unterstützung von der Regierung! Wenn man sich dann überlegt, daß wir an Steuern und Abgaben mehr als 150.000 € im Jahr bezahlen, dann wird klar, daß wir als gemeinnützige Organisation keinen leichten Stand haben und eigentlich mehr Unterstützung von der Regierung erwarten sollten. Wir machen ja keinen Profit und wir würden unsere Angestellten gerne besser bezahlen. Eine Krankenschwester erhält hier im Schnitt 150-200 € im Monat und ein Drittel allein wird da schon für die Transportkosten zur Arbeit verbraucht.

Sehr positiv ist, daß die Müttersterblichkeit im Krankenhaus deutlich zurückgegangen ist. Uganda ist ja eines der Länder der Welt in der bei 100,000 Geburten mehr als 250 Mütter sterben. Bei jedem Patient, der gestorben ist, wird ein sogenannter „death audit“ durchgeführt, also eine genaue Analyse warum es zum Tod gekommen ist, was man hätte eventuell vermeiden oder besser machen können, um die Situation zu verbessern. 

Wie Sie sehen, geschieht also einiges und vieles geht in die richtige Richtung. Wichtiger als all das ist jedoch ein Klima des Miteinanders und des Vertrauens. Das Bewußtsein an etwas Besonderem mitzuwirken, das für das eigene Leben von Bedeutung ist und es groß macht, ist so wichtig. Wir sind ja alle auf dem Weg und die Schwierigkeiten sind dazu da, damit unsere wirkliche Gestalt, das, was wir sind, zum Vorschein kommt.

Es gibt ja diese schöne Geschichte: ein Maurer wird gefragt, was er gerade mache und 3 Maurer geben 3 verschiedene Antworten. Der Eine sagt, daß er eben versucht, eine Wand schön senkrecht zu bauen, weil ihm das so gesagt worden sei. Der Andere sagt, daß er arbeiten muß, um Geld zu verdienen, damit er seine Familie ernähren kann. Der Dritte sagt, daß er mit Freude und Dankbarkeit an einer Kathedrale arbeitet, zur Ehre Gottes und zum Wohle der Menschen. Alle drei haben recht, aber nur der Dritte lebt als ganzer Mensch. Nämlich mit dem Bewußtsein, daß ihm alles geschenkt wurde – die Talente, aber auch die schwierigen Herausforderungen des Lebens um an einem Werk teilzuhaben, welches größer ist als er selbst und das Teil eines Planes ist, der schöner und wunderbarer als er sich das selbst erdenken kann.

Das ist es ja eigentlich, um was es wirklich hier geht. Um die Arbeit, die wir vor der „bezahlten“ Arbeit machen (und die uns „veredeln soll“). Das Bewusstsein zu fördern, daß auch in dieser – für viele – dramatischen Lebenssituation die Wirklichkeit nicht in erster Linie ein Hindernis, sondern eine Möglichkeit ist. Kein Feind, den es zu „überwinden“ gilt. Auch eine Krisensituation ist uns gegeben, um das Beste in uns zum Vorschein kommen zu lassen. Nicht der Erfolg, die Indikatoren und die Zahlen sollten uns bestimmen, sondern die Gewißheit, daß alles der Ausgangspunkt für etwas Großes sein kann. Christus hat uns gelehrt die Wirklichkeit und die Welt in dieser neuen Form zu sehen, eben nicht als Dualismus, sondern als Sprungbrett und Plattform einer dramatischen Beziehung mit dem Geheimnis. Er hat uns bewiesen, daß es gut ausgehen wird, auch wenn es Kräfte gibt, die uns einreden wollen, daß doch Alles nichts sei.

Ein weiterer Aspekt, der mir wichtig ist, ist die Entwicklung von Systemen und Strukturen, die dem Menschen Sicherheit und Zuverlässigkeit und damit Raum zur Entfaltung geben können. Im Allgemeinen ist die Lebenserfahrung in Afrika und auch hier im Krankenhaus stark geprägt von schwachen Institutionen und einem schwachen Staat. Gewisse Verantwortliche fördern nicht das Funktionieren von Systemen, sondern nützen die Organisationen nur für sich selbst aus. So ist das bei Politikern und so war es auch in Rubaga Hospital, besonders bei einigen Chefärzten.

Das Experiment, welches wir hier mit dem Vorstand gemeinsam unternehmen, ist es, eine starke und zuverlässige Institution zu schaffen, die versucht den Einzelnen zu fördern und auch gerecht zu bezahlen, aber auch klar zu machen, daß es erforderlich ist, daß besonders die Entscheidungsträger sich in den Dienst stellen lassen, daß sie sich nicht über die Regeln stellen und nicht nur Verantwortung für sich selbst, sondern für alle Angestellten übernehmen.

Der dritte Bereich besteht darin, die Stellen mit Mitarbeitern aus den verschiedendsten kulturellen Hintergründen zu besetzen. Es gab und gibt auch hier eine Tendenz, nur einen bestimmten Stamm in Uganda – in unserem Fall die Baganda – zu bevorzugen. Wir sind aber hier nicht nur in Kampala, sondern in Uganda und daher ist es wichtig, daß wir bei der Vergabe von Stellen auf mehr Ausgewogenheit achten. Darüberhinaus war das letzte Jahr ein Jahr, in dem auch viele Freiwillige aus Europa gekommen sind und unser gemeinsames Werk durch neue Ideen und Enthusiamus und ihre einfache Präsenz und den guten Willen bereichert haben. Ich sage immer, daß die besten Fußballteams multikulturell sind. Jeder bringt sein Begabung und seine Talente mit ein.

So hoffen wir, daß uns der Herr auch im nächsten Jahr mit Seiner Güte und Weisheit begleiten möge, damit wir – um mit den Worten des Heiligen Vaters zu sprechen –  unermüdliche Boten Seiner Barmherzigkeit gegenüber den Ausgegrenzten und Benachteiligten werden. An Weihnachten begann alles am letzten vermuteten Ort. Dabei ermahnt uns der Hl Vater auch, daß wir nicht nur gerührt auf das kleine Kind schauen oder den Armen helfen sollen, sondern daß wir in erster Linie auf das Kind (Jesus) hören und daß wir den Armen zuhören sollen.

Ich danke Ihnen allen von Herzen für Ihre Unterstützung. Bitte begleiten Sie uns weiterhin, auch im Gebet. Ich wünsche Ihnen allen und  Ihren Angehörigen von Herzen eine besinnliche Adventszeit und ein Frohes und Gesegnetes Weihnachtsfest und ein gutes, erfülltes Jahr 2014.


Dr. Adolf Diefenhardt