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2016 Allgemein Lubaga

Juliane Schümann und Sven Wentrup im Lubaga Hospital

Gesamtbericht

Der erste Monat im Lubaga Hospital

Sehr geehrte Vereinsmitglieder,
nun sind wir bereits seit einem Monat im Lubaga Hospital in Kampala tätig und sowohl bei Juliane auf der Kinder-, Neugeborenenstation, als auch bei Sven im OP hat sich eine gewisse Routine eingestellt, sodass wir uns nun mit ersten Eindrücken und einem kleinen Bericht melden.

Da wir keinesfalls unvorbereitet in dieses Abenteuer gestartet sind und nach Famulaturen und PJ-Tertialen auf dem afrikanischen Kontinent eine gewisse Vorstellung davon hatten, was uns hier erwarten wird, war auch der erste Schreck nicht ganz so groß und die Eingewöhnungszeit relativ kurz. Trotzdem, es war eine große Umstellung und zu behaupten, dass wir mit all dem gerechnet hätten, womit wir uns hier häufig konfrontiert sehen, wäre eine glatte Lüge. 

Nach unserer Ankunft wurden wir von Sr. Janet herzlich in Empfang genommen, sie zeigte uns unsere Wohnung und wir verabredeten uns für den Folgetag. Wir bekamen Frühstück von ihr und machten uns dann gemeinsam auf den Weg in die Stadt, wo sie uns Märkte und Einkaufsmöglichkeiten zeigte. Zunächst waren wir beide überwältigt von dem Chaos der Stadt. Inzwischen lieben wir das lebendige Treiben und können es oft schon richtig genießen. Sr. Janet ist wirklich die gute Seele des Hauses. Bei jeglichen Fragen steht Sie einem mit Rat und Tat zur Seite. Das war besonders zu Beginn oft eine riesige Hilfe.
Nachdem wir schon am Freitag nach unserer Ankunft kurz den Klinikdirektor Dr. Andrew kennenlernen konnten, sollten wir uns am Montagmorgen in seinem Büro einfinden. Dort stellte er uns verschiedenen leitenden Mitarbeitern wie dem Finanzdirektor, der Sozialarbeiterin und dem ärztlichen Leiter, Dr. Kibuuka, vor. Dieser brachte uns dann zum morgendlichen Treffen der Interns (Ärzte im ersten Ausbildungsjahr) und der Consultants (Fachärzte). Dort wird jeden Morgen vom letzten Dienst berichtet und die kritisch kranken Patienten oder besonders interessanten Fälle auch zu Lehrzwecken vorgestellt bzw. besprochen. Nach dem Treffen gingen wir beide in unsere jeweilige Abteilung, in den OP und auf die Kinderstation. Als wir uns am Abend in der Wohnung wieder sahen, hatten wir uns viel zu berichten… 

Auf der Kinderstation sah Juliane bereits am Montag Krankheiten und Krankheitsausprägungen, die sie so noch nie gesehen hatte. Dr. Cissy, die Fachärztin der Station, diktierte bei der Morgenvisite Untersuchungen und Anordnungen und Juliane schrieb. So konnte sie von Anfang an viel lernen und Abläufe kennenlernen. Bei einem recht großen Arbeitspensum blieb Dr. Cissy nur wenig Zeit für eine Einweisung oder größere Erklärungen. Learning by doing! Sie ist aber stets sehr freundlich und hilfreich bei Fragen. Viele der Kinder auf der Station sind so krank, dass sie in Deutschland zwingend ein dauerhaftes Monitoring und einige von ihnen sogar ein Bett auf der Intensivstation nötig hätten. Da waren Kinder mit Meningitis, Malaria, Sichelzellanämie, beginnendem Herzversagen bei ausgeprägter Anämie… 

Die Kinderstation hat ein funktionierendes Pulsoxymeter, damit wird jeden Morgen bei der Visite die Sauerstoffsättigung der Kinder gemessen und notiert. Auch bei sauerstoffbedürftigen Kindern wird je nach Anordnung nur in regelmäßigen Abständen (meist 1-2 Mal am Tag) eine Sauerstoffsättigung gemessen. Ein Monitoring, welches bei Sättigungsabfällen alarmiert, gibt es nicht. Da muss man sich auf das klinische Bild und sein eigenes Gefühl verlassen. Blutdruck kann auf Nachfrage gemessen werden, Standard ist dies aber nicht. Ein EKG-Gerät gibt es auf der Kinderstation nicht. Gleiches gilt übrigens für die Neugeborenenstation. Nach der Visite am Vormittag werden die Entlassungsbriefe geschrieben. Meist ist anschließend um die Mittagszeit immer erst mal Pause. Am Nachmittag kommt der zuständige Jungassistenzarzt nochmal auf die Station, um Neuzugänge und die ganz kranken Kinder zu visitieren.

Auf der Neugeborenenstation werden nach der Geburt auffällige Kinder beobachtet und oft rasch und gesund wieder entlassen. Phototherapie wird nicht nach dem Bilirubinwert angesetzt, sondern nach dem klinischen Bild. Makrosome Babys erhalten Glucoseinfusionen und regelmäßige Blutzuckerkontrollen. Da es keine Infusiomaten gibt, wird der tägliche Bedarf in 3 stündliche Kurzinfusionen aufgeteilt. Um Infektionen zu vermeiden werden Neugeborene, die nicht in der Klinik geboren wurden und wegen Problemen wie Fieber, Dyspnoe, Trinkverweigerung etc. aufgenommen werden, in einem separaten Zimmer behandelt. Alles in allem ist die Behandlung/Beobachtung von Patienten auf der Neugeborenenstation nicht grundsätzlich anders, als zu Hause in Deutschland. Hier kann sich Juliane rasch einbringen. 

Einiges ist dann aber doch überraschend anders: An Julianes erstem Tag auf der Neugeborenenstation fand sie ein Frühgeborenes mit einem Gewicht von knapp 1,5 kg in einem normalen Bett, bereits von der Inkubatorlagerung entwöhnt und ohne technische Überwachung, ohne Infusion und zusätzliche Wärme, von Mama gestillt. In den kommenden Tagen wurde klar, dass die Frühgeborenen je nach klinischem Zustand zunächst eine Inkubatorlagerung, wenn nötig auch Sauerstofftherapie über eine Nasenbrille (Masken gibt es keine passenden), i.v.-Lösungen und regelmäßige Fütterungen erhalten. Die Mütter pumpen ab und die Kleinen erhalten bilanzierte Milchmengen über eine Magensonde. Sind die Kinder stabil, werden sie innerhalb weniger Tage aus dem Inkubator genommen und zu Julianes Überraschung dann auch rasch entlassen.
Ein wenig beruhigt war sie, zu sehen, dass die 1,5 kg-Kinder bis sie ein Gewicht von 2 kg erreicht haben, 1x wöchentlich ambulant einbestellt werden. Insgesamt ist es für Juliane hier auf der Neugeborenenstation immer wieder erstaunlich und überraschend, wie robust diese kleinen Zwerge doch sind, wobei man sagen muss, dass doch auch einige der Frühgeborenen nach der Entlassung an Infektionen oder Mangelernährung versterben.

Auch Sven wusste am Abend viel zu berichten. Er verbrachte seinen ersten Tag im Haupt-OP. Dabei handelt es sich um zwei OP-Säle, wobei man den einen grob der Traumatologie/Orthopädie und den anderen der Allgemeinchirurgie zuordnen kann. 
Schon nach wenigen Tagen wurde allerdings klar, dass jede mögliche OP in jedem Saal stattfinden kann. Bei dem ersten Blick auf den Narkoseapparat und die Anästhesiekommode war schnell klar, dass sich Sven hier auf eine etwas andere Art von Anästhesie einzustellen hatte, als er es aus einer deutschen Uniklinik gewöhnt war. Zunächst suchte er in beiden Sälen vergeblich nach maschinellen Beatmungen. Narkosegerät ist hier alles, was einen Beatmungsbeutel und einem Gasverdampfer für Halothan besitzt. Auf Nachfrage wurde ihm mitgeteilt, dass es zwar theoretisch die Möglichkeit der maschinellen Beatmung  gäbe, der eine Apparat jedoch defekt und bei dem anderen kein Gasverdampfer vorhanden sei. 
Die erste Narkose des Tages war eine Intubationsnarkose bei explorativer Laparotomie. Sven wollte sich gleich etwas einbringen und das Monitoring am Patienten anbringen. Nachdem er die RR-Manschette um den Arm der Patientin gelegt und die Messung gestartet hatte, kam er allerdings ins Stocken, denn er konnte zwar EKG-Kabel, jedoch keine Klebchen finden. Ihm wurde daraufhin erklärt, dass diese hier schwer zu beschaffen seien und man das EKG unter anderem deshalb in aller Regel nicht benutzt. Als er daraufhin das Pulsoxymeter griff und den Sensor am Patientenfinger befestigte, fiel ihm auf, dass das Verbindungsstück zum Monitor zerbrochen und nur provisorisch mit Pflaster geklebt war. Dies führte zu einem Wackelkontakt, der die SpO2-Messung teils minutenlang verhinderte. Ein Blickwechsel mit der Anästhesistin reichte aber aus, um zu verstehen, dass eine 10minütliche Blutdruck- und  sporadische Sättigungsmessung für diese Narkose ausreichen muss, was den Stellenwert der klinischen Patientenbeobachtung stark in den Vordergrund drängt. Ihm blieb aber nicht viel Zeit, diese neuen Informationen zu verarbeiten, denn schon Sekunden später waren die Induktionsmedikamente injiziert und die Patientin kurz darauf intubiert. Reflexartig suchte er daraufhin, leider vergeblich, nach einer Kapnometrie (CO2-Messung) am Monitor oder irgendeiner Art von Atemgasmonitoring zur Lagekontrolle des Tubus und griff schließlich zu dem Stethoskop, um wenigstens ein seitengleiches Atemgeräusch festzustellen. Nachdem der Halothan-Verdampfer aufgedreht und die Patientin für einige Minuten manuell beatmet wurde, kehrte sie schon kurz nach OP-Beginn und Schnitt in Spontanatmung zurück, die dann auch für etwa 1 ½ Stunden bis OP-Ende beibehalten wurde. 
Bei einer hohen Herzfrequenz der Patientin stellte er die vorsichtige Frage nach analgetischer Therapie. Die Antwort ließ auch seine eigene Herzfrequenz steigen, denn im Vergleich zu deutschen Verhältnissen war die gegebene Schmerztherapie fast nicht existent und die zur Verfügung stehenden Schmerzmedikamente von nur sehr niedriger Potenz. 
Sven war ehrlich gesagt etwas schockiert und nach Extubation bei reflexinaktiver Patientin musste er die erlebten Geschehnisse erst einmal sacken lassen.

Ihm blieb allerdings nur wenig Zeit, denn schon kurz darauf wurde eine Patientin zur Notsectio in den Saal geschoben. Präoxygenisiert wird hier nicht. Eine suffiziente Sauge gibt es nur dann, wenn man sie von den Chirurgen bekommt. Aber sie ist zur Ileuseinleitung kein Standard. So ist jeder Kaiserschnitt, ob elektiv oder notfallmäßig für Sven nach wie vor eine kleine Tortur. Bei etwa 20 Geburten täglich, davon ca. 3-4 Notsectios und ebenso vielen geplanten Sectios eine echte Nervenprobe…



Svens Verhältnis zu den Anästhesistinnen ist sehr gut und die anfangs doch spürbare Skepsis und Zurückhaltung ist mittlerweile einer guten kollegialen Zusammenarbeit gewichen. Wir sind beide gut eingebunden und konnten bereits viel über „klinisches Monitoring“ lernen, über kritisch kranke Kinder, über Tropenkrankheiten, über Allgemeinanästhesie unter Spontanatmung, über die häufige Notwendigkeit zur Improvisation, über Maskennarkosen und die Tatsache, dass der menschliche Körper doch erstaunlich robust ist.

Sven ist begeistert, wie interessiert und engagiert gerade die jungen Anästhesistinnen sind, wenn sie danach fragen, ob es mit unserer Hilfe vielleicht möglich wäre, potentere Opiate zur Narkose einzusetzen, eine maschinelle Beatmung und Atemgasmonitoring zu etablieren. Sogar auf die Möglichkeit der ultraschallgestützten Regionalanästhesie wurde er schon angesprochen. 

Ärzte und Schwestern müssen in allen Abteilungen und Bereichen aus wenig viel machen, was sie beeindruckend gut beherrschen. Ihre Sinne sind oft viel schärfer und wir sind froh, auf diese Weise viel Gefühl für Patienten, Erkrankungen und Basisdiagnostik erlernen zu dürfen. 
Unser Wunsch für die noch verbleibenden Wochen ist es, vielleicht einmal ein Training in Notfallversorgung von Patienten und kardiopulmonaler Reanimation durchzuführen. 

Am Donnerstag unserer ersten Woche im Lubaga Hospital wurden wir zum wöchentlichen großen Mitarbeitertreffen eingeladen, wo wir nach zahlreichen Gebeten, einer Predigt und einigen formellen Ankündigungen offiziell vorgestellt wurden und unsere mitgebrachten Spenden übergeben konnten. In zwei großen Koffern übergaben wir dort ein EKG-Gerät, ein Pulsoxymeter auch für Babys, 5 Handpulsoxymeter, ein Otoskop, ein Laryngoskop+ Spatel, 2 digitale Blutdruckmessgeräte, Schablonen für Hauttransplantate, ein Ohrthermometer, mehrere normale Thermometer, chirurgische Nadeln, -Fäden, -Scheren und –Skalpelle, Katheter, Filter und viele weitere Verbrauchsmaterialien. Schon nach den ersten drei Arbeitstagen war uns aber klar, dass all unsere mitgebrachten Geräte und Verbrauchsmaterialien auf der einen Seite zwar dringend benötigt werden, auf der anderen Seite aber auch fast ein Tropfen auf den heißen Stein sind, weil es einfach überall an Mitteln und Equipment fehlt.

Nach zwei Wochen auf den Stationen und im OP sahen wir uns bei Fragen nach Monitoring oder Equipment immer wieder mit den Aussagen „das haben wir nicht/das ist kaputt“ konfrontiert. Wir wussten aber, dass bereits einige Container mit medizinischen Geräten und Materialien vom Verein geschickt wurden, sodass in uns mehr und mehr die Frage aufkam, wo diese Geräte/Materialien eigentlich waren.  Wir sprachen mit Dr. Andrew und Sr. Janet und beschlossen einmal einen Blick in das Lager des Krankenhauses zu werfen. Der Lagerverantwortliche Jacob hat keine medizinische Ausbildung und spricht natürlich kein Deutsch. Er berichtete uns, dass die gelagerten Pulsoxymeter und Patientenmonitore keine Kabel mehr haben und dass er bei vielen Geräten oft gar nicht recht weiß, wofür diese eigentlich nützlich sind. Auch kann er oft die deutschen Aufschriften nicht verstehen. Verbrauchsmaterialien wie Pflaster und Verbände finden nur selten ihren Weg auf die Stationen oder in den OP. Unser Vorschlag eine Art Inventur und Lagerliste zu machen, stieß zunächst nur zögerlich auf Zustimmung. Aber nach und nach war Jacob auch überzeugt von der Idee und hofft nun ebenfalls, dass so mehr Materialien und Geräte auf den Stationen und im OP genutzt werden können.
Nach Rücksprache mit Dr. Andrew und Jacob, meldeten wir uns also zunächst für eine Woche vom klinischen Alltag ab und begannen täglich das Lager zu sichten, zu sortieren, Kabel zu verbinden, Geräte zu testen und alles zu notieren und katalogisieren. Schnell merkten wir, dass eine Woche zu wenig Zeit war. Nach einer weiteren Woche waren die Regale nach Themen/Fachgebieten sortiert, der letzte Container aus Deutschland geleert und eine Exceltabelle des Bestandes fertiggestellt. Regelmäßig hielten wir Dr. Andrew über unsere Fortschritte auf dem Laufenden und waren froh ihm berichten zu können, dass wir viele funktionierende Geräte auffinden konnten. So zum Beispiel ein Gerät zur Kapnometrie/Narkosegasmessung. 
Dazu eine kleine Geschichte: Der leitende Allgemeinchirurg hospitierte bereits in Deutschland und hat nun, finanziert durch Spenden, die technische Möglichkeit zu laparoskopieren. Als Sven davon erfuhr, dass Dr. Okello einen laparoskopischen Eingriff plant, erklärte  er ihm, dass aus anästhesiologischer Sicht dafür sowohl eine kontrollierte Beatmung, als auch eine Kapnometrie notwendig sei, worauf hin Dr. Okello dringend darum bat zu versuchen, dies möglich zu machen. Wir erinnerten uns an das Narkosegerät mit funktionierender maschineller Beatmung aber fehlendem Verdampfer, der dann vor Ort relativ schnell besorgt werden konnte, sodass nach einiger Hin- und Herschieberei der Maschinen relativ schnell das Problem der Beatmung gelöst werden konnte. Als wir dann im Lager während unserer Inventur einen alten Datex Capnomac Atemgasmonitor fanden, waren die Überraschung und die Freude sehr groß. Mit ein wenig Fürsorge und einigen Probeläufen funktioniert er nun und ergibt zusammen mit dem Verdampfer und der maschinellen Beatmung einen ziemlich gut funktionierenden „Patchwork-Narkoseapparat“ inkl. CO2-Messung. Auch den Monitor konnten wir schließlich mit SpO2-Sensor ausstatten. Das fehlende Verbindungsstück schickte Sabine Pühl uns mit der Famulantin Franzi zu (DANKE!). Eine neue Blutdruckmanschette war schnell aus dem Bestand des Lagers besorgt und EKG-Klebchen sind von Jacob bestellt. Die Anästhesistinnen waren sehr interessiert und wollten sofort die neuen Geräte in Betrieb nehmen und es überraschte Sven nicht einmal, dass das theoretische Wissen über Atemzugvolumina, Lungenphysiologie, Normwerte bei Gasmonitoring etc. sehr fundiert vorhanden war. Leider haben wir zunächst nur 50 Filter (für den Anschluss zur Kapnometrie nötig) aus Deutschland mitgebracht, sodass wir uns erst einmal darauf geeinigt haben, dass die Kapnometrie sehr selektiv eingesetzt werden muss.

Jeden OP während unseres Aufenthaltes hier auf diese Weise auszustatten ist unrealistisch. Dafür reicht weder die Zeit, noch das Geld. Allerdings ist das realistische Ziel, zumindest jeden Saal mit vollständigem Monitoring auszustatten, um eine größere Patientensicherheit zu gewährleisten.
Für diese Woche ist geplant, die Liste zu drucken und gemeinsam mit zu den Stationen passenden Verbrauchsmaterialien dort und im OP zu verteilen. Auch die jeweiligen Oberärzte sollen informiert werden und eine Liste ausgehändigt bekommen. 
Wir hoffen, so die Vorteile der Materialien aufzeigen und deren Nutzung fördern zu können. Hoffentlich werden dann Dinge aus dem Lager nachbestellt und das Lager hat wieder Platz für Neues. Derzeit sind die Regale so voll, dass sie fast aus allen Nähten platzen.
Einige Materialien und Geräte haben wir auch schon aus dem Lager auf die Stationen gebracht. Jacob freut sich, wenn die Dinge genutzt werden und die Stationen sind ebenfalls glücklich. Der Liste kann so vielleicht auch langfristig entnommen werden, was gerne genutzt wird und welche Verbrauchsmaterialien wenig Anwendung finden. 

Es ist manchmal schwierig einen gesunden Mittelweg zu finden zwischen dem Versuch, Dinge zum Positiven zu verändern, aber auch der Frage, ob eine positive Veränderung nach unserem Verständnis überhaupt eine positive Veränderung für die Menschen hier bedeutet. Auch ist es schwierig Veränderungen vorzuschlagen, ohne die bisherigen Abläufe zu stark zu kritisieren oder arrogant zu wirken. Inzwischen wissen wir, dass unsere Herangehensweise mit der Lagerordnung zu Beginn für das hiesige Verständnis doch ein wenig zu forsch war. Wir waren motiviert, engagiert und hatten eine konkrete Idee im Kopf. Nach vielen Gesprächen mit Dr. Andrew und Jacob wissen wir, dass unsere schnelle und zielstrebige Herangehensweise zu Beginn irritierend war. Zum Glück scheint das Ergebnis für alle gut zu sein und keiner ist uns böse. Im Gegenteil. Das Ergebnis überrascht und freut bisher alle sehr.

Wir können von uns behaupten, dass wir medizinisch aber auch persönlich schon jetzt sehr viel gelernt haben, wir uns hier unheimlich wohl und willkommen fühlen und wir sind begeistert von der Herzlichkeit der meisten Menschen hier. Wir hoffen und haben das Gefühl, dass unsere Ideen und Vorschläge auf Wertschätzung stoßen und wir hier so vielleicht nicht nur selber lernen, sondern anhand des Austauschs von Erfahrungen, Wissen und Herangehensweisen auch einen kleinen Fußabdruck hinterlassen können. 
Uganda und das Lubaga Hospital haben in jedem Fall schon jetzt einen großen Fußabdruck in unseren Herzen hinterlassen. 

Auch wenn wir mal nicht im Krankenhaus sind, geht es uns sehr gut hier. Das Haus auf dem Rock Compound ist sehr schön, wir haben einen tollen Garten und zuckersüße und meistens liebe Nachbarskinder. Zum Abendessen gibt es hin und wieder Avocado aus dem Garten und das viele frische Obst und Gemüse vom Markt ist ein Genuss. Die Wochenenden verbringen wir oft mit Erkundungstouren in Kampala oder mit kleineren Ausflügen in die Umgebung. Das vergangene Wochenende haben wir jedoch zu Hause verbracht. Wie die meisten mitbekommen haben werden, waren hier in Uganda Präsidentschaftswahlen. Die meisten Städter und besonders die jungen Leute hier in Kampala haben sehr auf einen politischen Wechsel gehofft. Einen Wechsel hin zu mehr Fortschrittlichkeit. Allerdings hat schon vorher keiner wirklich daran geglaubt, dass ein neuer Präsident gewählt werden würde. Ob das an einem tatsächlichen Wahlergebnis (weil die meisten ländlichen Regionen eher Pro-Museveni eingestellt sind) oder vielleicht an manipulativen Einflüssen der Regierung liegt, vermag hier keiner zu beurteilen/möchte sich keiner recht zu äußern. Bereits vorher wurde vor Krawallen gewarnt und viele, so auch wir, haben sich darum bewusst nur zu Hause und in der nahen Umgebung aufgehalten oder sind sogar für das Wochenende aus der Stadt „geflüchtet“.

Unser Eindruck war jedoch, dass die meisten Ugander selber nicht wirklich mit Krawallen gerechnet haben. Viele betonen immer wieder, dass das Land nie wieder Krieg haben soll und dass die Menschen darum unheimlich friedfertig sind. Viele arrangieren sich mit dem Fakt, dass Museveni wohl sein Leben lang Präsident bleiben wird, weil es im Vergleich zu Krieg und Gewalt das „kleinere Übel“ ist. 
Vor den Wahlen gab es kein anderes Thema mehr, alle sprachen nur darüber und einige hatten doch zumindest ein kleines Fünkchen Hoffnung, dass Musevenis größter Konkurrent Kizza Besigye mehr Stimmen erhalten könnte. Er wurde nur wenige Tage vor der Wahl erneut unter Vorwänden inhaftiert, was natürlich zu Ausschreitungen führte. Der Wahltag (ein Donnerstag) war wie ein Feiertag, viele Einrichtungen hatten das komplette Wochenende geschlossen und die Schulferien waren wegen der Wahlen schon vorher verlängert worden. Kürzere Ausschreitungen gab es in der Stadt (besonders am Freitag) aber insgesamt blieb es das Wochenende über ruhig und zu unserer Überraschung kehrte am Montag alles erstaunlich schnell zur Normalität zurück. Der Eine oder Andere brachte seine Enttäuschung über die Wiederwahl Musevenis noch zum Ausdruck aber die Freude und Erleichterung, dass das Wochenende ohne größere Krawalle vorüber gegangen war, schien doch auch groß.

Die Hälfte unserer Zeit im Lubaga Hospital ist bereits vorbei. Die Zeit rennt. Ab kommenden Dienstag unterbrechen wir unsere Arbeit hier für eine Woche, die wir unseren Einsatz hier dann am Ende verlängern werden. So umgehen wir die Regenzeit und erfüllen uns einen Traum und erklimmen den Kilimanjaro.  

Soviel erst mal von uns. Wir freuen uns unheimlich, dass wir dank des Vereins „Partnerschaft Gesunde Welt“ diese unbeschreiblich gute und unvergessliche Erfahrung machen dürfen und stehen selbstverständlich jeder Zeit für Anregungen und Fragen zu Verfügung. 

Viele Grüße aus der Wärme, Juliane Schümann und Sven Wentrup

Zweiter und letzter Teilbericht:

Man soll gehen, wenn´s am schönsten ist… Unglaublich!

Unsere 10 Wochen im Lubaga Hospital sind vorüber. Gerade hatten wir uns so richtig angekommen gefühlt, herausgefunden, was wie funktioniert und alle kannten uns. 

Der Hügel mit der Rubaga Cathedral an seiner Spitze war ein wenig zu unserem Zuhause geworden. Die Interns (junge Ärzte im ersten Ausbildungsjahr) hatten inzwischen so viel Vertrauen in uns, dass wir regelmäßig Anrufe mit der Bitte um Hilfe erhielten und hier und dort auch wirklich aushelfen konnten. So wurden wir beispielsweise dazu gerufen, wenn es Probleme bei der Behandlung kritisch kranker Patienten gab und der Consultant nicht verfügbar war oder einfach Schwierigkeiten bestanden, einen venösen Zugang zu finden. Mussten Notoperationen in der Nacht durchgeführt werden, wurde Sven für die Narkose hinzugerufen. Die 10 Wochen sind für uns wie im Fluge vergangen. 

Manchmal haben wir uns geärgert, manchmal die Geduld fast verloren, aber meistens haben wir uns sehr willkommen und wohl gefühlt. Nachdem wir das Lager geordnet und die Inventarliste erstellt und an die Klinikleitung und die Oberärzte übergeben hatten, sind wir zum klinischen Alltag zurückgekehrt und konnten hier und da direkt Dinge aus dem Lager zum Einsatz bringen. So konnte Sven zum Beispiel die während der ersten laparoskopischen OP ausgefallene Lichtquelle schnell durch eine Neue (von der keiner wusste) aus dem Lager ersetzen. Nur so konnte die Operation fortgeführt werden. Auch war die laparaskopische OP aus anästhesiologischer Sicht erst durch den im Lager gefundenen Kapnometrie-/Atemgasmonitor möglich. Auf der Kinderstation konnte Juliane hier und dort Pflaster und Verbände aus dem Lager zum Einsatz bringen und einige Krankenschwestern von der Nutzung von Kinder-/ Neugeborenensonden am Pulsoxymeter überzeugen. Diese Überzeugungsarbeit gestaltete sich allerdings schwieriger als erwartet. 

Zu Beginn fiel es schwer, zu verstehen und zu akzeptieren, dass die guten und im Lager verfügbaren Materialen nicht genutzt werden. Letztendlich ist es aber auch oft in Deutschland so, dass Altbekanntes bevorzugt genutzt und praktiziert wird. Auch ist zu vermuten, dass das Abrechnen der gespendeten Materialien ein Problem darstellt, da man als Patient jede Leistung einzeln bezahlt, so auch Pflaster und Verbände. Was die Nutzung der gespendeten Verbrauchsmaterialien angeht, ist unserer Meinung nach kontinuierliche Überzeugungsarbeit nötig, um letztendlich den Patienten die besseren Materialien, die im Lubaga Hospital zahlreich vorhanden sind, auch zukommen zu lassen. 

Die Lagerinventarliste haben wir nach ihrer Fertigstellung der Klinikleitung übergeben und an alle Consultants im Haus und die beiden leitenden OP-Schwestern verteilt. Viele weitere Mitarbeiter wurden informiert und gebeten, die Materialien zu nutzen. Die Consultants der verschiedenen Abteilungen waren alle erstaunt und begeistert, was alles im Lager zu finden ist. So ging Dr. Kibuuka, der medizinische Leiter, sofort persönlich in das Lager und überzeugte sich von der Existenz der drei voll funktionstüchtigen CTG-Geräte. Die Idee, Verbrauchsmaterialien auf den Stationen zu verteilen, ist bei allen nur auf begrenzte Begeisterung gestoßen. Alle Consultants haben uns jedoch versprochen, einen Blick in das Lager zu werfen und benötigte Materialien zu nutzen, stets an die Liste zu denken und Dinge nachzubestellen, wenn sie aufgebraucht sind. Wir hoffen sehr, dass es sich bei der Lagerliste nicht nur um eine nette Idee handelt, sondern diese hier und dort auch tatsächlich zum Einsatz kommt und vor allem, dass die dadurch hoffentlich mehr genutzten Materialien dann den Patienten zu Gute kommen. Ob unsere Ideen und Vorschläge allerdings auch in die Praxis umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. 

Zurück im klinischen Alltag fiel uns beiden immer wieder auf, dass die Internes im Umgang mit kritisch kranken Patienten häufig zu zögerlich, teilweise aus medizinischer Sicht aber auch einfach falsch handelten, wodurch diese Patienten nicht selten zu Schaden kamen. Unserer Ansicht nach resultierte dies zum einen vor allem aus Unwissenheit und Überforderung, zum anderen aber auch aus der eingeschränkt möglichen Weiterbehandlung der Patienten durch die fehlende Möglichkeit einer suffizienten intensivmedizinischen Betreuung. Da erst 2015 die neuen European Resuscitation Guidelines erschienen waren, hatten wir die Idee, einen Vortrag über Erwachsenen- und Kinderreanimation mit Übungseinheiten für die Interns zu gestalten. Wir trugen diese Idee an Dr. Kibuuka heran, und er gab uns erfreut sein Einverständnis. 

Wenige Tage später hängten wir im Doktorsroom eine Liste mit einem Zeitplan für einen Vortrag und anschließend 6 praktischen Übungseinheiten aus, für die sich die Interns in Kleingruppen zusammen finden sollten. Bereits bei dem Vortrag konnten wir Unklarheiten beseitigen und auch ganz konkret in Bezug auf das Klinikum Fragen klären. Beispielsweise wussten mehr als die Hälfte der Ärzte leider nicht, dass sich in der Notaufnahme ein Defibrillator befindet. Wir konzentrierten uns also in den Übungseinheiten neben allgemeinen und speziellen Techniken der Reanimation auch besonders darauf, die Anwendung dieses Defibrillators zu erklären, zu demonstrieren und vor allem auch darauf, anhand von EKG-Beispielen zu üben, wann dieser zum Einsatz kommen kann und muss. Insgesamt hatten wir das Gefühl, dass unser Angebot von den Interns dankend angenommen wurde und tatsächlich haben wir in den darauffolgenden Tagen einige der erklärten Vorgehensweisen bei der Behandlung der Patienten durch die Interns beobachten können. Das war wohl der schönste Abschluss unserer Zeit im Lubaga Hospital, den wir uns vorstellen konnten. 

So fiel der Abschied von allen Mitarbeitern, von Dr. Andrew und Dr. Kibuuka, den Consultants, Interns und den PflegerInnen schwerer als erwartet. Es war für uns eine unvergessliche Zeit. Sowohl persönlich als auch medizinisch werden wir das in den letzten Wochen Erlernte nicht so schnell vergessen. Die Zeit im Lubaga Hospital hat uns sehr geerdet. Unsere Sinne wurden geschärft und wir haben unsere Fähigkeit, auch ohne technische Geräte Patienten zu behandeln und (Verdachts-) Diagnosen zu stellen, verbessert. Wir konnten klinische Zeichen von Erkrankungen, die es in Deutschland nicht oder in dieser Ausprägung nur sehr selten gibt, sehen und so besser deuten lernen. Besonders bei den Kindern gab es bedeutend mehr kritisch kranke Kinder, denen zum Teil auch schon mit einfacheren Mitteln, wie z.B. Flüssigkeitssubstitution durch Infusionen, geholfen werden konnte. 

Derzeit sind wir gerade in Fort Portal. Gestern haben wir das Toros Babies Home besucht. Christine und die Kinder haben uns herzlich willkommen geheißen und wir wurden, begleitet von einer Horde Kindern, durch die Anlage geführt. Nebenbei ist Julianes Stethoskop dann auch nochmal zum Einsatz gekommen. 

Wir bedanken uns nochmal ausdrücklich beim Verein „Partnerschaft gesunde Welt“ und vor allem bei Herrn Wolfgang Fischer, der die Organisation unseres Einsatzes so unkompliziert und zuverlässig ermöglicht hat. Viele Grüße, Juliane Schümann und Sven Wentrup