Anm. der Redaktion: Dr. Barbara Klein ist Mitglied von PGW und als Beirätin eigentlich zuständig für das Projekt „Kinder-Epilepsieambulanz in Kamerun“. Sie besuchte auf Wunsch des Vorstands das Therapiezentrum von Judith und Emma Yawe.
Zeitraum: 27. Juli – 12. August 2025
Ort: Buikwe District, Zentral-Uganda
Partner vor Ort: Judith und Emmanuel Yawe / Care and Sustain International (CSI)
Anlass der Reise: Soll sich Partnerschaft Gesunde Welt e.V. am Therapiezentrum beteiligen? Informationsbeschaffung.
Ziel
Vom 27. Juli bis 12. August 2025 durfte ich Judith und Emmanuel Yawe vor Ort begleiten. Unser Ziel war es, gemeinsam Kinder mit neurologischen und entwicklungsbedingten Erkrankungen zu behandeln, Familien zu beraten, das lokale medizinische Personal fortzubilden und nachhaltige Therapieansätze zu entwickeln, die auch dann Bestand haben, wenn ich wieder abreise. Ich sollte später dem Vorstand und der Mitgliederversammlung berichten und eine mögliche Unterstützung definieren.
Arbeit vor Ort
In mehreren Einsätzen im Therapiezentrum (29.07., 31.07., 02.08., 05.08., 07.08. und 11.08.) und bei Hausbesuchen sahen und behandelten wir über 50 Kinder und Jugendliche sowie auch Erwachsene mit Epilepsie, Zerebralparese, Autismus, kognitiven Beeinträchtigungen und genetischen Syndromen. Die Arbeit erfolgte interdisziplinär – gemeinsam mit Judith als Ergotherapeutin, dem lokalen Physiotherapeuten sowie Krankenschwester Rachel und Dr. Joshua Wanume, die wir zusätzlich in der Epilepsiebehandlung bei Kindern schulten. Er wird Krankenschwester Rachel in der medikamentösen Behandlung im Zentrum unterstützen.

Am 11. August hielten wir für alle Mitarbeitenden des Therapiezentrums, inklusive Dr. Wanume, eine ausführliche Fortbildung zur Epilepsie – von Ursachen und Diagnostik bis hin zu Behandlung und Risikomanagement.
Begegnungen, die bleiben.
Diese Reise war nicht nur fachlich intensiv, sondern auch emotional fordernd. Hinter jeder Diagnose steht ein Mensch, oft mit einer Geschichte, die unter die Haut geht:
C. – heute etwa 30 Jahre alt – bekam mit 14 die ersten epileptischen Anfälle. Zwei Jahre später begann erst ihre Behandlung. Vor zehn Jahren fiel sie während eines Anfalls ins Feuer und verlor beide Hände. Danach wurde sie von ihrer Familie zehn Jahre lang im Haus eingesperrt. Als wir sie sahen, war sie schwer traumatisiert, verweigerte Medikamente und
litt unter anhaltenden Anfällen – und vermutlich unter psychotischen Symptomen.
J., 11 Jahre, entwickelte mit 8 Jahren Epilepsie. Erst zwei Jahre später bekam sie Medikamente, da ihre Eltern die Kosten nicht tragen konnten und an Hexerei glaubten. Sie hatte bis zu drei lange Anfälle pro Nacht. Seit Beginn der Behandlung sind diese seltener geworden. Doch seit einigen Monaten spricht sie nicht mehr und läuft unsicher. Wir organisierten sofort ein EEG in Kampala – Kosten inklusive Transport: 50 Euro. Die Kosten wurden dankenswerterweise rasch und unkompliziert von Partnerschaft Gesunde Welt e.V. übernommen. Das Ergebnis: Ihre Entwicklungsrückschritte kommen nicht von den Anfällen, sondern vermutlich von einer genetischen oder metabolischen Erkrankung. Dieses
Wissen ändert ihre Behandlung grundlegend.
G., 20 Jahre, lebt bei ihrer 84-jährigen Großmutter. Ihre Eltern sind verstorben. Mit fünf Jahren bekam sie nach einer schweren Malaria Epilepsie. Sie kann nicht sprechen, kaum laufen und ist inkontinent. Die Großmutter bindet sie manchmal am Fuß fest, um arbeiten zu können. Ohne die Hilfe des Zentrums könnte sie keine Medikamente bezahlen.
J., 4 Jahre, wiegt nur 6,7 kg. Eine schwere Geburtskomplikation führte zu Sauerstoffmangel, Zerebralparese und Epilepsie. Die Anfälle sind mittlerweile unter Kontrolle. Doch er ist schwer unterernährt. Er bekam hochkalorische Nahrung – und er begann zuzunehmen. Kurz vor unserem Besuch hatte seine Mutter erfahren, dass sie HIV-positiv ist – ein Schock,
der ihr Leben auf den Kopf stellte.
L. , 3 Jahre, wiegt nur 10 kg. Wir fanden ihn nackt, abgemagert, verschmutzt und mit Wunden am Kopf, weil er nicht stabil sitzen kann und immer wieder stürzt. Er hatte Tuberkulose. Die Familie lebt so abgelegen, dass wir nur zu Fuß hinkamen. Seine Situation ist
lebensbedrohlich. Die Sozialarbeiterin des Zentrums wird ihn nun eng begleiten und notfalls aus der Familie nehmen, um das schlimmste zu verhindern.
Inklusive Schule – Hoffnung und Herausforderung
Neben der Arbeit im Zentrum besuchten wir auch die inklusive Schule, die nun in neuen Räumen untergebracht ist. Dort treffen Kinder mit sehr unterschiedlichen Einschränkungen aufeinander: Lähmungen, Epilepsie, Down-Syndrom, Gehörlosigkeit.

Besonders berührend war die Begegnung mit zwei Schwestern, beide seit Geburt gehörlos, mit strahlend blauen Augen – ein Anzeichen für das Waardenburg-Syndrom. Ihre Mutter ist ebenfalls gehörlos, hat zwölf Kinder, davon sechs mit denselben Symptomen. Beide Mädchen sind intelligent und gut integriert. Mit einem Cochlea-Implantat in der frühen
Kindheit hätten sie hören lernen können – eine Chance, die ihnen verwehrt blieb.
Auch für die Lehrkräfte nahmen wir uns Zeit und veranstalteten eine Fortbildung. Wir beantworteten ihre Fragen zu den Erkrankungen ihrer Schüler und erarbeiteten gemeinsam einfache, aber wirksame Unterstützungsstrategien, die wir im Verlauf zusammen mit der
angehenden Förderschullehrerin versuchten, direkt im Unterricht umzusetzen.


Warum dieses Zentrum wichtig ist
Für viele Kinder ist Care and Sustain International eine wichtige Möglichkeit, medizinische Hilfe, Therapie und Verständnis zu bekommen. Es ist nicht nur ein Ort der Behandlung – es ist ein Ort der Aufklärung, des Miteinanders und der Hoffnung. Hier werden Familien gestärkt, Vorurteile abgebaut und Chancen geschaffen.
Doch um all das weiterzuführen, braucht es Unterstützung – für dringend benötigte Therapiematerialien, für die Verbesserung der räumlichen Ausstattung und für die Versorgung der Kinder, deren Familien nichts haben außer der Hoffnung, dass hier jemand ist, der sie nicht aufgibt. Um die Arbeit fortzuführen und zu erweitern, benötigt das Zentrum
folgende Materialien und Ausstattung:
- Bällebad-Wanne
- Bohnenbad-Wanne
- 1000 Bälle
- Therapiebohnen
- Barren
- Leuchtspielzeug
- Petsiball
- Ballpumpe
- Lavalampe
- Glitzerflaschen
- Spiegel (mirrors)
- Hängematte (hammok)
- Shakers
- Therapieliegen/-matten
- Balance-Inseln
- Schreibtische (desks)
- Stühle (chairs)
- Bänke mit Kissen (benches with cushions)
- Regale (shelf)
- Dachbleche (iron sheets)
- Große Holzpfosten (big wooden poles)
- Dachträger (roofing poles)
- Ziegel (bricks)
- Zement
- Nägel (in kg)
- Transportmittel
- Arbeitskraft (labour)
- Schienen/Orthesen (splints)
Das aufgelistete Baumaterial iat dafür gedacht, vor dem Therapiezentrum einen überdachten Wartebereich zu bauen, wo die kleinen Patienten mit ihren Angehörigen Schutz vor Regen und Sonne finden. Allerdings muss hier zuerst geklärt werden wie das rechtlich aussieht, das die Räume für das Therapiezentrum derzeit gemietet sind. Der Kostenvoranschlag für das Therapiematerial allein liegt bei ca. 420 Euro, mit Wartebereich kommen wir auf 2.766 Euro.
Warum Hilfe für Kinder mit Behinderung in Uganda so viel bewirken kann
In Uganda leben Kinder mit Behinderungen oft am Rand der Gesellschaft. Viele von ihnen haben kaum Zugang zu medizinischer Versorgung, Rehabilitation oder Bildung. Häufig herrschen falsche Vorstellungen über die Ursachen der Behinderungen – sie werden mit
Hexerei oder Flüchen in Verbindung gebracht – was zu Stigmatisierung, sozialer Isolation und in manchen Fällen sogar Vernachlässigung führt. Zudem sind viele Familien wirtschaftlich nicht in der Lage, notwendige Therapien, Hilfsmittel oder Medikamente zu finanzieren. Staatliche Unterstützungsstrukturen sind nur sehr begrenzt vorhanden, besonders im ländlichen Raum. Das bedeutet: - Ohne gezielte Förderung verschlechtern sich viele Krankheits- und
Behinderungsbilder unnötig. - Kinder verlieren die Chance, ihre Fähigkeiten zu entwickeln und aktiv am Leben teilzunehmen.
- Familien geraten zusätzlich in Armut, weil sie durch die Pflege und Betreuung kaum arbeiten können.
- Therapie und Aufklärung verbessern die Selbstständigkeit der Kinder, was langfristig auch die Familien entlastet.
- Schulische Integration eröffnet Perspektiven für Bildung und spätere berufliche Teilhabe.
- Gesundheitliche Interventionen (z. B. Behandlung von Epilepsie) senken das Risiko von Verletzungen, Fehlentwicklungen und lebensbedrohlichen Komplikationen.
- Aufbau lokaler Strukturen wie das Therapiezentrum stärkt das Gesundheitssystem nachhaltig und verringert die Abhängigkeit von externer Hilfe. Durch die Unterstützung des Therapiezentrums, kann man nicht nur einzelnen Kindern helfen, sondern langfristig die Gemeinschaft vor Ort verändern – durch Wissen, bessere
Versorgungsstrukturen und die Stärkung der Rechte und Chancen von Menschen mit Behinderung.
Ich kann Vorstand und Mitgliederversammlung am 24.04.2026 nur empfehlen, das Therapiezentrum als Projekt aufzunehmen und eine nachhaltige Finanzierung anzustreben. Der Vorstand könnte bereits jetzt im Rahmen seiner Zuständigkeit (bis 5.000 Euro) beginnen, die oben aufgelisteten Materialien zu beschaffen. Danke.






Wenn jedes Vereinsmitglied bzw. jede Familie nur 10 Euro überweist, könnten wir das gesamte benötigte Material bereits finanzieren …