Ich bin seit 1. November wieder in Uganda.
Nach dem Lockdown Ende März hat der Flughafen Entebbe am 1.10.2020 wieder den Betrieb aufgenommen und die Einreise für Touristen geöffnet. Somit konnten die Reisevorbereitungen für den herbeigesehnten humanitären Einsatz beginnen.
Die größte Herausforderung für eine erfolgreiche Einreise nach Uganda bestand darin einen negativen Covid-Test im Zeitfenster von 72 Stunden vorzulegen. Bei den aktuell explosionsartigen Neuinfektionen dauert eine Testung mit Ergebnis bis zu 5 Tagen. Dank eines guten Netzwerks lag das Testergebnis zeitnah per Email vor und somit stand einer Flugbuchung mit einem bereits gültigen 3-Jahresvisum nichts mehr im Wege. Montagabends gebucht und Mittwochfrüh zum Flughafen! Unglaublich!!!
Trotz der Freude, endlich wieder nach Uganda reisen zu können, hatte ich doch auch sehr gemischte Gefühle, unter den aktuellen Umständen eine Fernreise anzutreten. Ich war mir nicht sicher, ob ich das Risiko eingehen sollte. Die tollen Resultate, die wir mit unseren zuverlässigen Partner erreicht haben, haben mich in meiner Entscheidung gestärkt, dass es sich einfach lohnt dafür zu kämpfen!
Mit Betreten des Flughafengebäudes bestand Maskenpflicht, was zwischenzeitlich ja nun zur Alltagsausrüstung gehört, aber doch irgendwie gespenstisch ist. Die Atmosphäre der menschenleeren Korridore ist unbeschreiblich.
Kein Anstehen bei der Sicherheitskontrolle, Zeit für einen kurzen Smalltalk mit den Angestellten und eine gähnende Leere in den Duty-Free-Shops.
Selten habe ich das Boarding so entspannt und diszipliniert erlebt wie dieses Mal. Ständig wurde auf das Einhalten der Abstandsregel sowie die vorgeschriebene Maskenpflicht über die Lautsprecher hingewiesen.
Während der beiden Flüge sollten die Fluggäste möglichst auf ihren Plätzen sitzen bleiben und die Non-Stop Maskenpflicht einhalten.
Anstatt der leckeren türkischen Köstlichkeiten wurden wir mit einer Vespertüte (Sandwich, Minikuchen, Saft und Wasser) zufrieden gestellt. Auf Kaffee und Tee mussten wir leider auch verzichten.
Nachdem die Flüge soweit reibungslos geklappt hatten, war ich doch sehr auf die Einreise in Uganda gespannt. Wenn man afrikanische Behörden schon mehrfach erlebt hat, dann weiß man dass sie auch echte „Korintenkacker“ sein können. Wie so oft hat sich eine gute Vorbereitung bewährt.
Bonuspunkte kann man mit einer Begrüßung in Luganda sammeln und das Ganze noch mit einem verschmitzten Grinsen auf dem Gesicht unterstreichen. 😉
Nicht mal 20 Minuten vom Aussteigen bis zum Verlassen des Flughafengebäudes, damit hätte ich im Leben nie gerechnet.
Nach einer kurzen Verschnaufpause von 1,5 Tagen bei Lydia im Papyrus ging es abenteuerlich wie immer und mal „kurz“ was abgeben in Kampala im Lubaga-Hospital nach Buluba.
Das im Supermarkt in Entebbe gekaufte Tiefkühl-Hühnchen sowie die Palette Joghurt aus der Kühltheke, hatten eine lange und „heiße“ Fahrt vor sich. Nach dem Motto „bloß-nicht-vom-Gas-gehen“ haben wir uns durch den Stau von Kampala gequetscht. Unterwegs noch schnell die Wochenration an Obst und Gemüse eingekauft und in das schon vollgepackte Auto gestopft. Nicht mal eine Fliege hätte Platz zum Landen gehabt! Den einsetzenden Nieselregen haben die Scheibenwischer mit dem Staub auf der Scheibe nicht verkraftet. Das durch die Regentropfen verursachte Geschmiere, der Dreck auf der Innenseite, die unmarkierte Fahrbahn sowie die entgegenkommenden Fahrzeuge mit aufgeblendetem Fernlicht haben die Fahrt nach Buluba wirklich zu einem „Harakiri-Ritt“ werden lassen. Da hieß es nur noch „Augen-zu-und-durch“, denn freie Sicht war eh Fehlanzeige!
Letztendlich sind wir dann doch gut bei Finsternis angekommen und haben uns über ein lecker gekochtes Abendessen von Beatrice und Forti gefreut. Mit Bezug des Gästehauses war weiterhin Flexibität angesagt, da weder Strom noch fließend Wasser verfügbar waren. Somit ist das Duschen an diesem Abend ausgefallen.
Bewaffnet mit Gefriertüten und Kabelbinder konnte der spritzende Zulauf zur Toilettenspülung abgedichtet werden, um nicht nach jedem Toilettengang das Outfit wechseln zu müssen. Immerhin hat die Konstruktion 2 Tage wertvolle Dienste geleistet, bis der Plumber den neuen Schlauch eingesetzt hat. Ganz schwäbisch und gemäß dem Motto „bloß-nix-verkommen-lassen“, wurde jeder einzelne Wassertropfen in einer Plastikschüssel aufgefangen, um dies dann zum Duschen zu verwenden. Zwar kam aus der Duscharmatur ein Wasserstrahl, der es aber durch die Schwerkraft nicht nach oben zur Brause geschafft hatte. Beim Einstellen des Vollstrahls lief das komplette Wasser aus dem undichten Hahn in die Wand, so dass die Zuleitung stillgelegt werden musste. Somit 3. Tag Duschen mit Regenwasser aus dem Eimer.
Die fehlende Badezimmertür wurde zwischenzeitlich auch wieder eingesetzt, so dass sich der Wachmann spät abends nicht mehr an meiner Claudia-Schiffer-Figur erfreuen konnte. Irgendwie ist es auch lustig mal wieder „back to the basics“ zu gehen.
Nach 4 Tagen ist das Bad nun 100% einsatzbereit mit einer neuen Duscharmatur, einer Toilettenspülung mit voller Leistung und einer Tür, die auch noch einrastet. 😉
Um meinen Einsatz möglichst erfolgreich zu gestalten, haben Sr. Mary und ich bei einem Sonntagnachmittag-Meeting die aktuellen Bedürfnisse priorisiert und besprochen.
Für den ersten Arbeitstag war ein allgemeiner Check Up vorgesehen sowie einige organisatorischen Dinge. So steht u.a. auf der Agenda die noch vor dem Lockdown vom Verein geschickte OP-Leuchte von einem Medical Shop, mit dem ich immer zusammen arbeite, fachgerecht montieren zu lassen. Ganz brisant ist der defekte Stromgenerator, der aktuell zur Reparatur in Entebbe steht und quasi nicht erschwinglich ist für das Buluba Hospital. Hier muss gut überlegt werden was sinnvoll und möglichst günstig ist. Seit Monaten ist das Hospital wie schon so oft in der Vergangenheit nicht in der Lage die Gehälter zu bezahlen.
Die Einhaltung der Maskenpflicht und das Social Distancing wird doch sehr locker gehandhabt. Das Thema Covid wird eher belächelt, anstatt es als eine unberechenbare Erkrankung ernst zu nehmen. Irgendwie ist es schon etwas schockierend, wenn man weiß, wie die medizinische Versorgung in solchen Ländern ist.
Für Mittwoch sind 2 Techniker vom Medicalshop Meridian bestellt, um die OP-Leuchte zu installieren sowie einige medizinische Geräte zu reparieren. Mit tatkräftiger Unterstützung von Simon und Kasim haben wir die gut verpackte Leuchte mittels Untersuchungsliege vom Store in den OP transporiert und soweit für die Installation alles vorbereitet.
Um endlich das von uns geschickte Narkosegerät in Betrieb nehmen zu können, haben wir das Ersatzteil-Gerät sowie das voll ausgestattete Gerät ebenfalls zum Check vorbereitet. Das aktuelle Gerät zickt schon seit geraumer Zeit und man weiß nie, wann es den Geist aufgibt. Im Zweifelsfall gibt es eine unterhaltsame Einweisung von unserem unermüdlichen Hans-Georg.
Gestern haben wir auch nach Rücksprache mit Sr. Mary (Administratorin) und Dr. Steven (ärztllicher Direktor) entschieden, dass wir das seit längerem gelagerte mobile Röntgengerät an das Lubaga Hospital in Kampala abgeben, die es wesentlich dringender benötigen.
Am Nachmittag war ein Treffen mit Mulumba, dem Farmmanager, anberaumt, um die abseits liegende Schweinefarm zu besichtigen.
Es ist schon cool, als Sozio auf dem Motorrädle über Stock, Stein und Matschlöcher zu düsen, wobei die Kombi Motocross-Bike und FFP-Maske wirklich zum Totlachen ist. Auf der einen Seite pfeift einem der Wind durch das eh schon zerzauste Haar und auf der anderen Seite ist man quasi atemlos unter der Maske.
Nach einer kurzen Bestandsaufnahme haben wir beschlossen, noch einen Eber anzuschaffen um in die Vollproduktion von Ferkeln zu gehen. Schweine sind sehr populär in Uganda und die Nachfrage ist sehr groß. Mit der Ausweitung der Schweinefarm sollen u.a. die fehlenden Einnahmen vom Hospital ein wenig aufgefangen werden, um langfristig die Löhne der Mitarbeiter zuverlässiger bezahlen zu können.
Fortsetzung folgt ….