Monatsbericht 5/6: Dezember/Januar 2014/15
Der Dezember ist im Lubaga Hospital traditionell ein eher „ruhiger“ Monat, da nicht viele Patienten für geplante Behandlungen kommen. Wie in den meisten anderen Ländern der Welt auch, werden Behandlungen in Uganda von den Patienten und ihren Angehörigen selbst bezahlt und Krankenversicherungen sind eher die Ausnahme. Dies hat zur Folge, dass rund um die Weihnachtszeit, wenn die meisten Leute ihr Geld für die Feiertage zurückhalten wollen, nur wenig geplante Operationen durchgeführt werden. Notfälle kommen natürlich weiterhin.
Was die Kosten für die einzelnen Behandlungen angeht, ist das Lubaga Hospital das günstigste, private Krankenhaus in Kampala. Billiger, weil offiziell kostenfrei, sind nur die staatlichen Krankenhäuser, welche jedoch unter chronischem Materialmangel, schwerster Korruption und massiver Überbelegung leiden.
Der Materialmangel in den staatlichen Kliniken hat auch zur Folge, dass schwer kranke und materialaufwändige Patienten dort häufig kaum eine Chance haben. So wurde uns Anfang Dezember ein junger Mann mit einer nekrotisierenden Fasziitis (schwere Entzündung) des kompletten linken Beines eingeliefert. Der schwerstkranke Patient überlebte die ersten beiden Operationen, in welchen wir radikal sämtliches erkrankte Gewebe entfernen mussten, mit sehr viel Glück.
Im Endeffekt mussten wir dem Patienten die komplette Haut, Fettgewebe und Muskelfaszien vom Sprunggelenk bis zum Hüftgelenk entfernen. Unter regelmäßigen sterilen Verbandswechseln, vielen Litern Infusionen und noch mehr Schmerzmitteln, zeigte der Patient eine erfreulich gute Wundheilung. Wir hoffen, dass wir ab Anfang Februar mit der Hauttransplantation zur Deckung beginnen können.
Möglich gemacht wurde dieser Schritt durch die Mittel der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Nachdem klar war, dass im Dezember weniger Patienten zu erwarten sind, trafen Marion und ich die Entscheidung über die Weihnachtsfeiertage ebenfalls nach Deutschland zurück zu fliegen. Gleichzeitig wollten wir die Gelegenheit nutzen, um sowohl beim Vereinsvorstand, als auch bei der Diözese Rottenburg-stuttgart einen ersten Zwischenbericht zu erstatten und uns nach weiteren Material umzuschauen.
Im persönlichen Gespräch mit den Vertretern der Abteilung Weltkirche der Diözese bekamen wir die erfreuliche Nachricht, dass die Diözese dem Lubaga Hospital neue Materialien zur Hauttransplantation zur Verfügung stellen möchte. Die später gekauften Geräte ermöglichen es dem Lubaga Hospital auch größere Hautareale zu transplantieren und damit für die Behandlung schwerer Verbrennungen oder anderer chronischer Wunden in Kampala eine Führungsrolle zu übernehmen.
Im Einzelnen wurden ein Humeca D-80 Elektrodermatom mit Akku, ein Humeca Mesher, sowie mehrere Spalthautschablonen und Ersatzklingen angeschafft. Darüber hinaus stimmte die Diözese der Anschaffung einer neuen Prostatabiopsiestanze für das Lubaga Hospital zu. Bisher konnten Biopsien nur in sehr begrenztem Umfang durchgeführt werden oder mussten in anderen Kliniken für teilweise mehrere hundert Euro sehr teuer bezahlt werden. Ein besonderer Dank gilt hierbei unseren beiden „Kontaktpersonen“ Frau Montero und Herrn Bielefeld, sowie dem Leiter der weltkirchlichen Abteilung, Herrn Domkapitular Dr. Stäps.
Nach dem Treffen in Rottenburg besuchten wir Herrn Vorreiter und trafen uns mit Herrn Fischer und Herrn Stepper im Klinikum Sindelfingen, wo wir ebenfalls von den aktuellen Entwicklungen, Fortschritten und Schwierigkeiten im Lubaga berichteten.
Über die Feiertage besuchten wir unsere Familien im Emsland und Osnabrück, bestellten die beschriebenen Materialien und holten diese nach den Feiertagen aus den Niederlanden ab. Anfang Januar flogen wir mit reichlich medizinischen Materialien im Gepäck, sowie einigen persönlichen „Bestellungen“ für unsere hiesigen Kollegen zurück nach Uganda. Zuvor fuhren wir noch einmal nach Rottenburg um die Geräte zu zeigen und trafen uns anschließend mit Sr. Sabine Pühl aus Calw, welche uns ebenfalls eine großzügige Geld- und Sachspende für die Klinik in Nagalama mit auf den Weg gab.
Kurz nach unserer Rückkehr nach Kampala ereignete sich ein kleines Wunder. Nach fast drei Monaten im Krankenhaus konnten wir endlich Sylvester, unseren kleinen „Nicht-Marburg-Patienten“ (siehe Oktober und November Berichte) nach Hause entlassen. Er hat sich gut entwickelt und konnte über die Feiertage sogar etwas Gewicht zulegen. An dieser Stelle nochmals einen ganz herzlichen Dank an Round Table Stuttgart, Dr. Pochhammer und alle anderen beteiligten.
Die mitgebrachten Geräte wurden in der wöchentlichen Vollversammlung vorgestellt und feierlich übergeben. Bis jetzt wurden bereits bei zwei Patienten Prostatabiopsien und bei zwei anderen Hauttransplantationen durchgeführt, während drei weitere Patienten für ihre Transplantationen vorbereitet werden. Die Spenden für Nagalama wurden ebenfalls zügig übergeben.
Während unserer Abwesenheit wurde endlich das neue Endoskopiegerät für Dr. Okello geliefert. Es ist eine Videoendoskopieeinheit chinesischer Bauart, welche die diagnostische Qualität und auch die Dokumentation der Gastro-und Koloskopien erheblich verbessern wird. Das Lubaga ist nun in der Lage, qualitativ hochwertige Endoskopiebefunde zu erheben, diese als Bilder und Text zu archivieren und für die Patienten auszudrucken. Mit ca. 60€ pro Endoskopie ist das Lubaga weiterhin das günstigste private Krankenhaus in Kampala. Es ist aus unserer Sicht nur eine Frage der Zeit, wann das Lubaga ähnliche Untersuchungszahlen erreichen wird wie unsere Schwesterklinik in Nsambya, welche gut 1000 Endoskopien im Jahr durchführt, mit ca. 90€ pro Untersuchung aber deutlich teurer ist.
Eine weitere gute Nachricht kommt ebenfalls aus dem Bereich der Chirurgie. Es ist Dr. Diefenhardt und dem Klinikvorstand gelungen, einen jungen Unfallchirurgen („orthopaedic surgeon“) als Vollzeitkraft ab Mitte Februar fürs Lubaga Hospital zu verpflichten. Bisher wurden die unfallchirurgischen Eingriffe ausschließlich als Privateingriffe von Dr. Katja im Belegsystem durchgeführt. Mit dem neuen Kollegen werden sich hoffentlich die operativen Möglichkeiten für die vielen „general patients“ („Nicht-Privatpatienten“) deutlich verbessern.
Ein großes Problem ist hier jedoch noch, dass das Lubaga im Moment über kein mobiles Röntgengerät („C-Bogen“) verfügt, so dass unfallchirurgische Eingriffe nicht unter Röntgenkontrolle durchgeführt werden könnnen. Dr. Diefenhardt steht in Verhandlungen mit Siemens und hat auch ein konkretes Angebot vorliegen, von den benötigten 68 000$ sind aber bisher erst 8 500$ zugesagt. Hier sind zweckgebundene Mittel hochwillkommen, zumal durch die stetig steigende Zahl an billigen Motorradtaxis die Zahl der schweren Verkehrsunfälle mit Beteiligung der ärmeren Bevölkerung kontinuierlich zunimmt.
Für den Februar haben wir uns folgende Ziele gesetzt. Wir möchten einige Patienten mit den neuen Geräten hauttransplantieren und dabei die hiesigen Kollegen und OP-Schwestern im Umgang mit den Geräten schulen. Dazu schulen wir gerade die Verbandsschwestern im Umgang mit frisch transplantierten Hautarealen. Darüber hinaus bedarf es weiterhin Anstrengungen was die Schulung der Ambulanzschwestern im Umgang mit frischen Verbrennungen angeht. Einige fallen immer wieder in überholte Behandlungsschemata zurück.
Zweitens möchten wir den neuen unfallchirurgischen Kollegen zügig in „sein neues Reich“ einführen und sicherstellen, dass er baldmöglichst mit der Krankenversorgung beginnen kann.
Drittens möchten wir unsere neue Endoskopieeinheit bei den lokalen Kollegen bekannter machen. Ziel wird es sein, die Zahl der Endoskopien deutlich zu erhöhen um sie gleichzeitig so günstig wie möglich anbieten zu können.
„Verwaltungstechnisch“ sind leider immer noch nicht alle Hürden genommen. Florians Arbeitsvisum ist zwar mittlerweile eingetragen, Marions Visum ist aber weiterhin in Bearbeitung und läuft Anfang Februar erneut aus. Es ist bisher nicht ganz klar, ob eine weitere Verlängerung ohne weiteres beantragt werden kann, weshalb es sein kann, dass wir im Februar kurzzeitig das Land verlassen müssen, damit Marion mit einem Touristenvisum erneut einreisen kann. Es bleibt also spannend.
Monatsbericht 4 November 2014 Lubaga Hospital, Kampala
Der November war ein sehr ereignisreicher Monat hier im Lubaga Hospital. So besuchte uns Frau Sabine Pühl, OP-Schwester aus Calw und Vereinsmitglied und brachte uns dringend benötigte Materialien, bevor sie weiter nach Naggalama fuhr. Unter anderem brachte sie uns neue Pulsoximetersonden, sowie Unterwasserschlösser für Thoraxdrainagen. Beide „Mitbringsel“ haben sich schon bezahlt gemacht und konnten direkt eingesetzt werden.
Im Moment ist Herr Wilhelm Vorreiter hier und arbeitet weiter an der Röntgenanlage und an verschiedenen anderen „Baustellen“. Dank seiner Expertise hat sich die Qualität der Röntgenaufnahmen deutlich verbessert und einige andere Geräte konnten wieder in Betrieb genommen werden.
Marion und ich bekamen zudem Besuch von einer ehemaligen Kollegin von Marion aus dem Marienhospital Stuttgart. Neben einigen von uns bestellten Materialien (Fingerpulsoximeter für unseren Notarztkoffer, einige persönliche Gegenstände), hat uns Anna dringend benötigte Notfallmedikamente im Wert von 500€ geliefert! Die Medikamente sind eine Spende von der Apotheke des Marienhospitals Stuttgart und umfassen über 1000 Ampullen, sowie 20 Nitrosprays! Bis zur Lieferung waren in der Notaufnahme weder Betablocker-Ampullen, noch Digitoxin oder Verapamil vorhanden. Unhaltbar war zudem der Zustand, dass die Angehörigen der Patienten, die mit Herzbeschwerden (Angina pectoris) gebracht wurden, zuerst zur Apotheke mussten, um Nitropräparate zu besorgen! Dank der Medikamentenspende können die Patienten sofort behandelt werde. Ein ganz besonderer Dank hierfür geht an die Apotheken-Chefin Sr. Karin-Johanna, die innerhalb weniger Tage diese große Medikamentenmenge bereitgestellt hat, sowie an die „Lieferantin“ Anna-Maria Leiherr.
Mit Anna haben wir uns anschließend eine Woche lang das Land angeschaut. Neben dem Murchison Falls National Park und dem Queen Elizabeth National Park, hatten wir Gelegenheit im Bwindi National Park an der Grenze zum Kongo eine Gruppe der letzten noch existierenden Berggorillas in freier Wildbahn zu besuchen. Auch wenn der Besuch „nur“ eine Stunde dauerte, war es eine unglaubliche Erfahrung, die wir mit Sicherheit nie wieder vergessen werden. Wer auch immer Uganda besucht, sollte sich die Zeit nehmen, neben der vielen Arbeit auch Ugandas überwältigende Natur zu genießen. Neben der eigenen Erfahrung kann man durch die zugegeben doch recht stolzen Eintrittspreise unmittelbar mithelfen, diese einzigartigen Geschöpfe dauerhaft zu schützen und für nachfolgende Generationen zu erhalten. Ein Paar Eindrücke unserer Safari hat Marion zusammengeschnitten und unter folgendem Link hochgeladen:
https://www.youtube.com/watch?v=LeXNr8CYvj0
Im Lubaga Hospital wurde am 28.11. mit einer großen Feier eine 2-jährige Fundraisingperiode eingeleitet, in welcher insgesamt rund 200 Millionen Uganda-Schilling (ca . 60 000€) für die Ausstattung der mit Hilfe von Misereor neue gebauten Geburtshilfe und Neugeborenen Station zusammengetragen werden sollen. 30 Millionen Schilling wurden bereits im Rahmen der Eröffnungsfeier durch verschiedene Amts- und Würdenträger, aber auch durch private Spender zugesagt. Für die verbleibenden 52 000€ werden jedoch weiterhin nationale und internationale Geldgeber benötigt, wobei jeder Euro hilft und durch die Anschaffung von medizinischer Ausrüstung in einer von Kampalas größten Geburtshilfen sinnvoll angelegtes Geld ist.
In der Chirurgie hat sich auch einiges bewegt. Durch die Rotation unserer „Interns“ Anfang des Monats, mussten wir „unsere neuen“ zuerst etwas einarbeiten, was sich aber als erfreulich unkompliziert herausstellte. Neben den geplanten Operationen am Mittwoch und Freitag, verbringt Florian einen Großteil des Tages in der Ambulanz und unterstützt die Interns bei der täglichen Arbeit. Ein Schwerpunkt liegt neben der zügigen Notfalldiagnostik ins Besondere von Verkehrsunfällen auf der korrekten Durchführung von kleinen Standardeingriffen wie Beschneidungen von Jungen und Männern, Abszessdrainagen, kleinen Wundversorgungen und Ähnlichem. Als klarer Erfolg kann hier verbucht werden, dass der Umgang mit Verbrennungen mittlerweile nahezu standardisiert abläuft und dass die Abteilung diesbezüglich einen ganz guten Ruf in der lokalen Bevölkerung genießt. So bekommen wir zunehmend Patienten mit Verbrennungen, die ihren Weg zu uns aufgrund von Mundpropaganda finden. Hier wird es sich lohnen „am Ball“ zu bleiben und zu versuchen, unsere Möglichkeiten zur Hauttransplantation zu verbessern.
Wie im Oktoberbericht geschrieben, mussten wir einen 12-jährigen Jungen aufgrund eines durch die Marburg-Hysterie verschleppten Darmverschlusses operieren und insgesamt einen Meter Dünndarm, sowie den halben Dickdarm entfernen. Der Junge ist nach wie vor auf Station und erholt sich weiter langsam. Nach einer schweren Entzündung des Restdickdarmes entwickelte er auf dem Boden eines Blutergusses in der Bauchdecke eine Wundeiterung, welche entleert wurde und nun langsam zuheilt. Dem Jungen musste mehrfach Blut übertragen werden und zwischenzeitlich waren seine Bluteiweiße durch das ständige Erbrechen so niedrig, dass er komplett aufgequollen war. Mittlerweile kann er wieder essen und kann auch wieder ohne Rollstuhl vor die Tür. Da der Junge und seine Mutter aus einem der ärmsten Randgebiete Kampalas kommen, ist die Klinikrechnung, die sich mittlerweile auf über 1000 Euro beläuft, für die Familie nicht ohne Existenzverlust zu finanzieren. Glücklicherweise erklärte sich Round Table 82, ein gemeinnütziger Verein aus dem Raum Stuttgart sofort bereit, dem Jungen und seiner Familie zur Seite zu stehen und überwies uns 700€ als zweckgebundene Spende, womit wir die Behandlung des Jungen über den „poor patients fund“ des Hauses großteilig finanzieren können. Ein besonderer Dank gilt hierbei Oberarzt Dr. Julius Pochhammer vom Marienhospital Stuttgart, der seine Vereinskollegen zügig von der Hilfsaktion überzeugen konnte. Dank Round Table Stuttgart wird dieser Junge nach seiner Entlassung in seine gewohnte Umgebung zurückkehren können.
Ende November ist noch ein weiteres, eher verwaltungstechnisches Wunder geschehen. 7 Monate nachdem die Unterlagen bei der hiesigen Ärztekammer eingereicht worden sind, nach gefühlten 50 Anrufen und 4 persönlichen Besuchen, teilweise mit hochkarätiger Begleitung, ist am 30.11. endlich Florians „temporary registration“ (Approbation auf Zeit) als Chirurg in Uganda ausgestellt worden. Das bedeutet für Dr. Okello, den Chirurgen im Lubaga Hospital, dass Florian ihn nun auch für geplante Operationen vertreten kann, bzw. sie sich die Operationen teilen können. Wenn jetzt die Einwanderungsbehörde auch noch endlich das Visum verlängert und die Arbeitserlaubnis ausstellt, dann steht der weiteren Arbeit nichts mehr im Wege. Hier stoßen wir jedoch immer wieder auf teils erhebliche Schwierigkeiten, da die sehr undurchsichtige und massiv an Korruption gewöhnte Bürokratie immer neue Gründe findet, warum sie etwas nicht ausstellen bzw. nicht bearbeiten kann. Bis jetzt haben wir über 1000 US$ für unsere diversen Visa-Verlängerungen, Beglaubigungen, Übersetzungen usw. ausgeben müssen, ohne dass es in irgendeiner Form klar ist, ob und wann unsere Arbeitserlaubnis ausgestellt wird. Aus unserer Sicht ist einer der wesentlichen Gründe, warum es so vielen Menschen weiterhin schlecht geht, diese extrem korrupte und ineffiziente Bürokratie, vor welcher jeder „normale“ Ugander ohne viel Geld schlichtweg kapitulieren muss und welche jede unkomplizierte und rasche internationale Hilfe quasi unmöglich macht.
Von Marions Arbeit gibt es im Moment nicht so viel zu berichten. Neben der „normalen Behandlung“ hat Marion bei Mukisa zusammen mit 2 weiteren Kollegen eine Erste-Hilfe-Fortbildung für die Mukisa-Mitarbeiter und für die Mütter der Kinder mit Behinderungen durchgeführt. Die Veranstaltung wurde von einer lokalen Krankenschwester begleitet und auf Luganda übersetzt. Zudem hat Marion für die Weihnachtsfeier der Mukisa-Foundation, bei welcher jede Familie ein Geschenkpaket mit Lebensmitteln bekommt, Geld gesammelt, mit welchem wir ca. 20 Familien unterstützten können.
Die physiotherapeutische Arbeit als solche stellt sich leider aufgrund der teilweise erheblichen Sprachbarrieren, viele Eltern sprechen und verstehen so gut wie kein Englisch und Luganda ist keine leicht zu erlernende Sprache, häufig als sehr schwierig dar. Marion ist somit weiterhin auf die Unterstützung ihrer Kollegen hinsichtlich Übersetzungen angewiesen, was jedoch umgekehrt die Therapie manchmal etwas schwierig macht, da viele Familien schon lange bei Mukisa sind und häufig nicht verstehen, warum Marion manche Techniken anders durchführt, als ihre lokalen Kollegen. Hier auch bei den Kollegen langsame Überzeugungsarbeit zu leisten, gestaltet sich stellenweise schwieriger als wir initial gedacht hatten. So konnte Marion z.B. eine österreichische Physiotherapeutin mit langjähriger Erfahrung in der Kindertherapie überzeugen, sie zu Mukisa zu begleiten, um therapeutische Techniken mit den hiesigen Kollegen zu besprechen und ggf. zu verbessern. Die Reaktion der lokalen Kollegen war jedoch eher verhalten und es gestaltete sich schwierig, eine offene Fachdiskussion über bestehende und neue Techniken zu führen. Hier zeigte sich ein scheinbarer Unterschied zur „westlichen“ Physiotherapie, in welcher offene Fachgespräche über bestehende Techniken und ständige Weiterbildung absolut selbstverständlich sind. Es scheint, als ob bei der hiesigen Ausbildung Techniken am Patienten erst sehr spät gelehrt werden und der dazu gehörige wissenschaftliche Hintergrund häufig fehlt. Dies hat zur Folge, dass sich ein Teil der Therapeuten mit fachlichen Diskussionen etwas schwer tun und diese wenn möglich vermeiden. Hier sollte ein langfristiges Ziel sein, die Qualität der Ausbildung internationalen Standards anzugleichen.
Für die kommenden Monate ist das Hauptziel, das bereits erreichte zu verfestigen und dort wo es möglich ist, weiter auszubauen.
Herzliche Grüße in die Heimat,
Marion und Florian Hugenberg
(Alle gezeigten Patientenbilder mit freundlicher Genehmigung der Patienten)
Der 3. Monatsbericht – Oktober 2014 – der Hugenbergs
Der Oktober kannte in Kampala eigentlich nur ein Thema: Marburg. Obwohl es nur einen bestätigten Fall – soweit wir wissen – gab, war doch die gesamte hiesige Medizinwelt in Aufregung.
Der verstorbene Röntgen Mitarbeiter war unter anderem im Mengo Hospital beschäftigt, welches keine 2 km von uns entfernt liegt. Im Mengo Hospital wurden über 80 Mitarbeiter in ihren Unterkünften isoliert und erst nach und nach wieder „frei gelassen“. Auch hier im Lubaga Hospital wurde vor der Notaufnahme ein Isolationszelt aufgebaut und wir wurden mit Schutzausrüstungen etc. versorgt. Das Mulago Hospital (die hiesige Uniklinik) hatte angeblich einen Isolationsbereich bereitgestellt um bestätigte Fälle aufnehmen zu können.
Glücklicherweise gab es bisher keine weiteren bestätigten Fälle, so dass die Politik bereits Entwarnung gegeben hat.
So gut sich das gerade beschriebene Management auch anhört, der Teufel liegt dann doch im Detail. So hatten wir am Anfang extreme Probleme den Patientenangehörigen (und manchmal auch den Schwestern) begreiflich zu machen, dass sie nicht in das Zelt zu ihren Angehörigen dürfen. Die hiesige Grundpflege unterscheidet sich erheblich von der in Deutschland, was bedeutet, dass die Angehörigen eines Patienten für die Essens- und Wäscheversorgung, sowie für das Waschen und Mobilisieren des Patienten zuständig sind. Komplette Isolation mit entsprechender Vollversorgung durch die Pflege war ein für beide Seiten höchst ungewohnter Zustand. Die das Zelt betreuenden Schwestern wurden zwar in einer Art Schnellkurs im praktischen Umgang mit den Isolationsmaßnahmen geschult, im Gespräch merkte man dann aber häufig doch, dass viele infektionsbiologische Fragen bei der Schulung offen geblieben sind.
Uganda hat zwar in Entebbe (ca. 40 km vom Kampala entfernt) ein viel gelobtes, nationales Forschungslabor für Infektionskrankheiten, in welchem, Zitat:“….verlässlich binnen 24 Stunden Marburg- und Ebola-Verdachtsfälle bestätigt werden können…“, mit einer extra dazu eingerichteten „Marburg-Hotline“, die Realität sah aber anders aus. So wurde an einem Donnerstagnachmittag ein 12-jähriger Junge mit angeblich initial hohem Fieber, Abgeschlagenheit, diffusen Bauchschmerzen und blutigen Durchfällen im Zelt aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Bauchschmerzen eher unspezifisch und der Junge wurde als Marburg-Verdachtsfall gelistet. Es wurde eine Blutprobe nach Entebbe geschickt, um eine Marburg-Infektion auszuschließen und der Junge blieb isoliert. Den Freitag über hörten wir nichts aus Entebbe, jedoch entwickelte der Junge zunehmend lokalisierte Bauchschmerzen. Mr. Okello und ich hätten den Jungen gern operiert, dafür hätten wir jedoch die Isolierung aufheben müssen, was uns von Seiten des Gesundheitsministeriums nicht gestattet wurde ohne, dass ein negatives Testergebnis vorlag. Dr. Kibuuka, unser Klinikchef, telefonierte sich am Freitag “ die Finger wund“, bekam aber kein Ergebnis. Samstag und Sonntag war weder unter der Hotline, noch im Labor in Entebbe jemand zu erreichen. Der Junge bekam eine zunehmende Abwehrspannung, hatte aber weiter blutigen Stuhl, so dass Mr. Okello und ich bereits anfingen zu überlegen, wie wir den Jungen in voller Schutzmontur im Zelt operieren könnten. Montags tat sich bis nachmittags immer noch nichts, bis Dr. Kibuuka endlich mit der erlösenden Nachricht kam: negativ.
Im Endeffekt hatte der Junge eine Darminvagination, bei welcher sich ein Teil des Dünndarms in den Dickdarm geschoben hatte. Dieser war mittlerweile abgestorben und wir mussten einen Meter Dünndarm und den halben Dickdarm entfernen. Der Junge ist nach wie vor auf Station und erholt sich nur langsam. Die Behandlungskosten übersteigen schon jetzt die Möglichkeiten der Familie bei weitem, so dass das Lubaga Hospital einen Großteil der Kosten wird übernehmen müssen.
Natürlich haben wir bereits hundert Mal diskutiert, ob wir nicht die Anweisungen hätten ignorieren und einfach operieren sollen, zumal wir uns am Wochenende fast sicher waren, dass die Symptome nichts mit Marburg zu tun hatten und unter den „national hotlines“ niemand zu erreichen war. Auf der anderen Seite ist die Entscheidung, sich über eine direkte Anweisung hinweg zu setzen und wissentlich Patienten und Personal zu gefährden und zu riskieren, dass der OP und die Station auf unbestimmte Zeit geschlossen werden, auch nicht leicht zu treffen. Auf jeden Fall hätte es diesem Jungen und uns sehr geholfen wenn zu dieser Zeit, als das Gesundheitsministerium zu „höchster Wachsamkeit“ aufgerufen hatte, die nationale Marburg-hotline und das Zentrallabor auch am Wochenende zu erreichen gewesen wären.
Abgesehen von Marburg hat sich im Oktober einiges getan.
Marion arbeitet, wie bereits im Augustbeitrag geschrieben, im Moment für die „Mukisa-Foundation“, eine Tagesstätte für Kinder mit körperlichen und geistigen Behinderungen, welche eng mit dem Lubaga Hospital verbunden ist. Neben der reinen physiotherapeutischen Arbeit hat Marion im Oktober ein Videoprojekt durchgeführt, in welchem die Mukisa-Foundation und die alltägliche Arbeit vorgestellt wird. Das Video kann auf youtube unter dem Suchbegriff „Mukisa Foundation“ oder über den link https://www.youtube.com/watch?v=yhlavQfqs74 angesehen werden. Darüber hinaus hat sie eine Informationsveranstaltung für die Eltern der Kinder und die Mitarbeiter von Mukisa organisiert, in welcher Sr. Dr. Grace, eine lokale Ärztin und Ordensschwester, sowohl über Marburg und Ebola, als auch über Hygiene und Verbrennungen bei Kindern berichtet hat. Die Veranstaltung wurde gut angenommen, zumal Sr. Dr. Grace in der lokalen Sprache Luganda gesprochen hat.
Zusammen mit einigen anderen Volontären hat Marion angefangen bei Mukisa das Konzept der basalen Stimulation einzuführen, welches darauf abzielt, Kindern mit Wahrnehmungsstörungen gezielt über bestimmte Reize anzusprechen. Hier zeigt sich ein Teil der „alten“ Therapeuten noch etwas misstrauisch, da viele die Therapie in bewusst reizarmen Umgebungen noch nicht gewohnt sind und viel Überzeugungsarbeit geleistet werden muss, damit das Handy einmal ausgeschaltet wird.
Gemeinsam mit einer deutschen Kinderkrankenschwester bereitet Marion zudem gerade für die Mukisa-Foundation sowie für eine weitere befreundete NGO einen Erste-Hilfe-Kurs für Eltern und Mitarbeiter vor. Dieser soll erstmalig im November stattfinden und zielt neben der Herz-Lungen-Wiederbelebung auf typische Alltagsprobleme von Kindern (Verschlucken, Verschleimen, Unfälle) ab.
Im November plant Marion zudem eine Fachfortbildung für die bei Mukisa angestellten Therapeuten zu organisieren, für welche sie eine in der Kindertherapie sehr erfahrene österreichische Physiotherapeutin eingeladen hat.
Auf der Chirurgie im Lubaga ist im Moment einiges im Umbruch. In den kommenden Monaten soll sowohl ein C-Bogen (Röntgengerät für den OP), als auch eine neue Endoskopieeinheit angeschafft werden. Mit der neuen Endoskopieeinheit soll die Qualität der lokalen gastroenterologischen Diagnostik deutlich verbessert werden, langfristig sollen auch Interventionen und vielleicht sogar ERCPs möglich sein, zumal bisher keine ERCPs in Uganda möglich sind. Wir hoffen zudem mittelfristig einen lokalen Unfallchirurgen zu finden der bereit ist, wie Mr. Okello als angestellter Vollzeitoperateur zu arbeiten, zumal einer der beiden externen Operateure nach langer Zeit am Lubaga noch dieses Jahr in den Ruhestand geht.
Neben der alltäglichen Arbeit konzentriert sich Florian im Moment auf die Verbesserung der Notfallmedizin. Zusammen mit der Leiterin der Inneren Notaufnahme wurde eine Medikamentenliste für ständig vorzuhaltende Notfallmedikamente entwickelt, welche gerade von der Zentralapotheke besorgt werden.
Die Krankenhauslogistik ist zudem weiterhin daran, neue Thoraxdrainagensysteme zu besorgen, was sich auf dem hiesigen Markt als ziemlich schwierig erweist. Momentan werden mögliche Zulieferer in Kenia und Tansania kontaktiert, da die ugandischen Zulieferer zwar die Drainagen, nicht aber die Unterwasserschlösser liefern können.
Ansonsten verbringt Florian viel Zeit mit der Ausbildung der Interns. Der Schwerpunkt liegt im Moment neben dem Assistieren kleiner Eingriffe auf dem strukturierten und zügigen Management von Polytraumata. Hier hat ins Besondere die Ausbildung in der Notfallsonographie einen großen Stellenwert. Das Ziel ist, dass jeder Intern am Ende seiner chirurgischen Zeit in der Lage ist, selbst eine zügige Notfalluntersuchung mittels Ultraschall („FAST“) durchzuführen, was in Uganda heute noch lange nicht selbstverständlich ist.
Eine Mammutaufgabe für die nächsten Monate und Jahre wird die Verbesserung der Anästhesie sein. Die Narkosen werden hier durch Anästhesieschwestern gemacht und sind im Vergleich zu Deutschland teilweise sehr instabil. Es gibt eine Beatmungsmaschiene, die aber aus technischen Gründen zurzeit kaum genutzt wird. Zudem wird ausschließlich Halothan benutzt. Der Aufwachraum erinnert momentan eher an ein ganz normales Krankenzimmer, ohne Monitore und ohne Notfallmedikamente. Mittelfristig wünschen wir uns einen motivierten Anästhesisten, der die Qualität der intra- und postoperativen Überwachung verbessert.
Bis dahin viele Grüße in die Heimat,
Marion und Florian Hugenberg
Jetzt folgt der 2. Monatsbericht der Hugenbergs
Monatsbericht September Lubaga Hospital
Es ist kaum zu glauben, dass der September 2014 schon Geschichte ist. Er ging rasend schnell vorbei und es kommt mir vor, als hätte ich erst gestern den Augustbericht geschrieben. Mittlerweile bin ich ganz gut eingearbeitet und kann Mr. Okello, den chirurgischen Abteilungsleiter, bei den alltäglichen Arbeiten entsprechend entlasten.
Ein „ganz normaler Tag“ beginnt gegen 8 Uhr mit dem „doctors meeting“, in welchem die Interns (AiP) aus dem Nachtdienst berichten. Im Regelfall besteht der Bericht aus 10 Minuten Chirurgie, 10 Minuten Innere Medizin und mindestens einer halben Stunde Gynäkologie und Geburtshilfe. Im Anschluss wird montags in der Chirurgie eine sehr ausführliche „major wardround“ (Chefvisite) durchgeführt, welche sich aber von einer deutschen Chefvisite ganz erheblich unterscheidet. Der Focus liegt mehr auf dem Unterrichten der Interns, Studenten und Schwesternschüler und kann sich bei 25 Patienten schon einmal auf 3 Stunden ausdehnen.
Im Anschluss an die Visite geht der Großteil der Interns ins „outpatient department“ (Ambulanz) und kümmert sich um die Sprechstundenpatienten. Zur Ambulanz gehört auch das „minor theatre“ (Ambulanz-OP), in welchem kleine Operationen und Wundversorgungen durchgeführt werden. Mr. Okello, einer der Interns und ich gehen im Anschluss an die Visite normalerweise in den OP um die Patienten zu operieren, die am Wochenende als Elektivpatienten aufgenommen worden sind. Die Interns, die die Ambulanz betreuen rufen Mr. Okello oder mich im Regelfall hinzu, wenn sie glauben, dass ein Patient operiert werden muss oder wenn sie bei der Behandlung nicht weiter kommen. In der Beziehung unterscheidet sich die hiesige Ambulanzarbeit nicht sehr von der in Deutschland.
Dienstags ist major wardround auf der kinderchirurgischen Station. Neben den „normalen“ Erkrankungen wie Leistenbrüchen, Blinddarmentzündungen und Unfallverletzungen ist ein Zimmer für Brandverletzungen reserviert. Dadurch dass der überwiegende Teil der Bevölkerung auf dem Boden mit Hilfe kleiner Grills kocht, kommt es sehr häufig zu Verbrennung und Verbrühungen kleiner Kinder. Diese werden häufig in lokalen Praxen oder von traditionellen Heilern anbehandelt und kommen erst spät mit entzündeten Wunden oder stark ausgetrocknet.
Während die Behandlung zweitgradiger Verbrennungen und Verbrühungen auch bisher kein großes Problem darstellte, war das Erkennen und die Behandlung drittgradiger Verbrennungen gelegentlich schwierig. Durch meine Erfahrungen in der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie des Marienhospitals Stuttgart, welche mit 3 gelisteten Intensivbetten für Verbrennungspatienten Stuttgarts einziges Zentrum für Schwerstbrandverletze ist, konnte ich hier einige Neuerungen im Umgang mit Brandverletzungen bei Erwachsenen und Kindern einführen. Kommende Woche werden wir zum ersten Mal versuchen, eine größere Hauttransplantationen durchzuführen, was aufgrund der Tatsache, dass der OP über keine Mesh-graft-Materialien, sondern nur über ein altes Watson-Messer verfügt durchaus anspruchsvoll werden kann. Mittelfristig wäre hier die Anschaffung von geeigneten Mesh-graft-Materialien durchaus lohnens- und wünschenswert.
Mittwoch und Freitag sind nochmals OP-Tage für die geplanten Patienten der Chirurgie und donnerstags führt Mr. Okello Magen- und Darmspiegelungen durch. Notoperationen werden jederzeit durchgeführt, wobei in der Nacht ein OP-Team vor Ort ist und ein zweites im Bedarfsfall gerufen werden kann.
Wie bereits im Augustbericht geschrieben, werden die unfallchirurgischen Operationen im Wesentlichen von 2 externen Operateuren durchgeführt. In der Nacht werden Frakturen durch die diensthabenden Interns, die orthopaedic officers (eine Art orthopädische Krankenschwester) oder durch uns reponiert und geschient.
Orthopädisch-unfallchirurgische Notoperationen in der Nacht sind trotz der hohen Anzahl an Verkehrsunfällen extrem selten. Deutlich häufiger hingegen sind allgemeinchirurgische Notoperationen. Neben den „gängigen“ Notfalleingriffen wie Blinddarmentzündungen oder eingeklemmte Leisten- oder Nabelhernien, kommt es hier sehr häufig zu typhusbedingten Darmperforationen. Im vergangenen Monat wurden 4 Patienten mit Dünndarmperforationen bei Typhus abdominalis operiert, 3 davon in der Nacht bzw. am Wochenende. Darüber hinaus kommt es aufgrund der hohen Anzahl an Verkehrsunfällen häufiger zu Notfallaparotomien aufgrund von Bauchverletzungen. Vor 2 Wochen wurde eine junge Frau mit einem vollständigen Dünndarmdurchriss nach einem Verkehrsunfall von uns operiert.
Während die Notfallaparotomien trotz aller Schwierigkeiten und Improvisationen selten größere Probleme darstellen, ist das Legen von Thoraxdrainagen oft mit großen Problemen verbunden. Zum einen waren bisher nur unregelmäßig Thoraxdrainagen vorrätig, zum anderen haben wir genau ein einziges Unterwasserschloß-System gefunden. Wie auch bei anderen Gegebenheiten wurde hier bisher mit Magensonden und NaCl-Flaschen improvisiert, was aus meiner Sicht keinen tragbaren Zustand darstellt. Im Moment versuchen wir, entsprechende Systeme beim lokalen Zulieferer zu bestellen, sollte dieses jedoch erfolglos bleiben, kann es sein, dass wir uns mit einer Unterstützungsbitte an den Verein wenden müssen.
Ähnliches gilt für die Diathermie. Für gut 4 Wochen haben wir vollständig ohne Strom (Mono- und Bipolar) operieren müssen und seit letzter Woche funktioniert zumindest wieder die Steuerung über den Fußschalter. Sollte sich jedoch bei einer oder einem der Vereinsmitglieder ein nicht mehr benötigtes, funktionstüchtiges, wenn auch älteres Diathermiegerät (z.B. ERBE) befinden, hätten wir hier höchstes Interesse.
Bezüglich der gesteckten Ziele aus dem Augustbericht lässt sich zusammenfassen, dass die Entlastung von Mr. Okello als Hauptoperateur weiterhin an oberster Stelle steht. Wie bereits beschrieben wird ein Großteil der Hintergrundbereitschaft durch Mr. Okello abgedeckt, wobei er von einem weiteren externen Kollegen in der Nacht unterstützt wird. Trotzdem lässt das bisherige System keine freien Wochenenden zu und längere Abwesenheitsphasen (Urlaub, Fortbildungen) lassen sich nur sehr schwer planen. Hier sind die wichtigsten praktischen Hürden genommen, da ich mittlerweile gut eingearbeitet bin und einen Großteil der anfallenden Operationen durchführen kann. Da das medical council jedoch meine Zulassung noch nicht bestätigt hat, muss Mr. Okello offiziell weiterhin dabei sein. Nach Aussage von Mr. Turyabahika, dem lokalen „senior-consultant“ und Mitglied des Councils soll dies im Laufe des Oktobers geschehen, so dass wir ab dann die Dienste „teilen“ werden.
Bezüglich der geplanten Notfallübungen hat sich bisher noch keine Möglichkeit ergeben, diese im großen Kreis durch zu führen, jedoch übe ich mit den „Interns“ regelmäßig Notfallmanagement und vorausschauendes Denken bei sich abzeichnenden Notfallsituationen. Zudem haben wir einen Teil des Notfallequipments gesichtet und getestet.
Seit dem Ausbruch der Marburg-Epidemie Ende September, ist auch das Labaga Hospital in Alarmbereitschaft. Es wurden Schulungen durchgeführt und in der Nähe der Notaufnahme wurde eine Isoliereinheit eingerichtet. Auch wenn das Lubaga Hospital ganz generell nicht auf die Versorgung von Schwerstkranken ausgerichtet ist, zumal es außer im OP keine Beatmungsmöglichkeiten gibt, ist es gerade jetzt extrem wichtig die Mitarbeiter im Umgang mit potentiell hochinfektiösen Patienten zu schulen, da der beschriebene „Marburg-Fall“ in unserer Nachbarklinik (Mengo) gearbeitet hat, welche nur 2 km Luftlinie entfernt liegt. Somit kann es jederzeit sein, dass ein infizierter Patient im Lubaga Hilfe sucht.
Zu Marions Arbeit als Physiotherapeutin bei „Mukisa“ schreibe ich diesmal nichts, da sie gerade ein Foto- und Videoprojekt bei Mukisa durchführt welches wir vielleicht noch im Oktober online stellen können.
Mit herzlichen Grüßen in die Heimat,
Marion und Florian Hugenberg
Anbei finden Sie unseren ersten Monatsbericht aus dem Lubaga Hospital. In der vergangenen Woche hatten wir sowohl arbeitstechnisch reichlich zu tun, als auch mit ständigen Strom- und Internetausfällen zu kämpfen, weshalb ich den Bericht erst jetzt senden kann. Einen herzlichen Gruß auch von Dr. Diefenhardt und von Dr. Bosco.
Herzliche Grüße in die Heimat,
Marion und Florian Hugenberg
Sehr geehrte Vereinsmitglieder von „Partnerschaft Gesunde Welt“,
Seit dem 5.8.2014 befinden wir uns in Kampala und hatten bereits Gelegenheit, uns mit dem Lubaga Hospital und seinen Mitarbeitern vertraut zu machen. Das Krankenhaus besteht aus einer relativ großen geburtshilflichen, einer chirurgischen, einer internistischen und zwei Kinderstationen. Geleitet wird das Krankenhaus von Dr. Peter Kibuuka, dem Ärztlichen Direktor und Chefarzt der Gynäkologie und Geburtshilfe, sowie von Dr. Adolf Diefenhardt, dem Executive Director. Zum Haus gehören neben der Ambulanz und Notaufnahme ein geburtshilflicher und zwei zentrale OP-Säle, ein Labor, eine Radiologieabteilung mit Röntgen- und Sonographiegeräten, eine Zentralapotheke, sowie die Physiotherapieabteilung.
Das Lubaga Hospital ist in seiner Struktur ein typisches Ostafrikanisches Krankenhaus nach Britischem Vorbild. Der wesentliche Anteil der ärztlichen Basisarbeit wird von den Interns (Ärzten im Praktikum welche nach Abschluss des Studiums für insgesamt 18 Monate durch die Abteilungen Gynäkologie und Geburtshilfe, Innere Medizin und Chirurgie rotieren müssen, bevor sie ihre volle Approbation bekommen) erledigt, welche von den Resident Medical Officers (RMO, Assistenzärzten ohne Facharztweiterbildung) beaufsichtigt werden. Dazu kommen eine Reihe Consultants (Ärzte mit Fachweiterbildung bzw. Masterstudium), die das Gros der Operationen durchführen und für schwierigere Rückfragen zur Verfügung stehen sollen. Wie auch sonst im angloamerikanischen Medizinwesen üblich, führen ein Teil der Consultants eine private Praxis mit Betten in mehreren Krankenhäusern, so dass einige Consultants nur an bestimmten Tagen im Krankenhaus sind.
Die Stationen werden ähnlich wie in Deutschland von Krankenschwestern geleitet, welche von einer Vielzahl von „nursing-students“ unterschiedlicher Pflegeschulen begleitet und unterstützt werden. Im Unterschied zu Deutschland wird jedoch ein erheblicher Teil der Grundpflege und der Patientenmobilisation von den Angehörigen der Patienten durchgeführt, welche, wie in den meisten ostafrikanischen Krankenhäusern üblich, häufig neben dem Patienten auf dem Boden schlafen. Diese sind auch für die Essens- und Wäscheversorgung für den Patienten zuständig. Sollte ein Patient keine Angehörigen haben, wird diese Aufgabe häufig zwischen den Schwestern und den Angehörigen anderer Patienten geteilt.
Die Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe stellt mit rund 7000 Geburten im Jahr die mit Abstand aktivste Abteilung des Krankenhauses dar und genießt regional einen hervorragenden Ruf. Im Moment wird der gesamte geburtshilfliche Bereich mit Unterstützung von Misereor neu gebaut.
Die Klinik für Chirurgie hingegen hatte in der Vergangenheit mit schweren personellen Problemen zu kämpfen und genießt daher nach Aussage von Sr. Janet, welche das Haus seit vielen Jahren mit leitet, bei der regionalen Bevölkerung noch kein großes Vertrauen. Seit vergangenem Jahr konnte jedoch Mr. Michael Okello, ein junger an der Makerere University ausgebildeter Chirurg, als Abteilungsleiter in Vollzeit für das Krankenhaus gewonnen werden. Er wird von zwei unfallchirurgischen Kollegen im Belegsystem, sowie von einem weiteren chirurgischen Kollegen für Nacht- und Wochenenddienste unterstützt. Die wesentliche klinische Arbeit mit Elektiv- und Notoperationen, Stationsleitung, Ambulanz-OP, Hintergrunddienst für die Notaufnahme und administrativer Arbeit wird jedoch von Mr. Okello erledigt.
Die hiesige Abteilung für Physiotherapie ist mit einer deutschen nur sehr schwer zu vergleichen. Sie besteht im Wesentlichen aus einem ausgebildeten Physiotherapeuten, seiner Assistentin, sowie Schülern der Schulen für Physiotherapie und Sportwissenschaften. Unterstützt wird die Abteilung z.Zt. noch von einer österreichischen Physiotherapeutin, welche versucht, die Strukturen der Abteilung und der angegliederten Schule zu verbessern. Die alltägliche Arbeit entspricht jedoch eher einer Art Ambulanz, in welche die Patienten ohne Termin zur Behandlung kommen. Die stationäre Physiotherapie ist zwar der Struktur nach vorhanden, als dass auf jeder Station ähnlich dem deutschen System Anforderungszettel für Behandlungen ausliegen, diese werden jedoch bisher so gut wie nicht genutzt. Dazu kommt, dass sich die hiesigen physiotherapeutischen Ausbildungsstandards von den deutschen und österreichischen deutlich zu unterscheiden scheinen.
Ein ganz erheblicher Unterschied zum deutschen System besteht in der Finanzierung des hiesigen Gesundheitswesens. Unabhängig von der Grundausrichtung der hiesigen Krankenhäuser (staatlich, kirchlich, privat) gibt es keine freie Gesundheitsführsorge und auch kein allgemeines Krankenversicherungssystem. Dieses bedeutet, dass die Patienten grundsätzlich für Materialien, Medikamente, Untersuchungen und besondere Konsultationen bezahlen müssen. Der Unterschied besteht nur in der Höhe der Einzelpreise, sowie in der primären Behandlung durch Krankenhaus- oder private Ärzte. Zurzeit werden die unfallchirurgisch-orthopädischen Operationen im Hause ausschließlich durch die beiden Belegärzte durchgeführt, so dass ins Besondere die operative Frakturbehandlung für die Patienten und deren Familien massive Kosten verursachen kann. Gerade die Behandlung komplizierter Unterschenkelbrüche stellt jedoch einen nicht unwesentlichen Bestandteil der operativen Arbeit dar, da es durch die sehr hohe Anzahl an Motorradtaxis und dem chaotischen Straßenverkehr täglich zu einer Vielzahl von Unfällen kommt.
Darüber hinaus werden im Haus relativ viele Kinder mit Brandverletzungen behandelt, da es im hiesigen häuslichen Alltag, in welchem der weit überwiegende Teil der Bevölkerung auf dem Boden kocht, vergleichsweise oft zu Kochunfällen kommt.
Im Bereich der Allgemeinchirurgie besteht der überwiegende Teil der Operationen aus dringlichen oder Notfalloperationen. Geplante Eingriffe wie Hernienoperationen, Mamma-Biopsien, Zirkumcisionen, aber auch Tumoroperationen werden an den beiden chirurgischen OP-Tagen (Mittwoch und Freitag) durchgeführt.
Mit Hinblick auf die kommenden Monate sehen wir unsere Hauptaufgaben und Ziele in den folgenden Bereichen:
Da Mr. Okello im Moment den weit überwiegenden Teil der chirurgischen Rufbereitschaft abdeckt, wird Florian ab kommenden Monat versuchen, ihn bei dieser Aufgabe zu entlasten und mehr Notfallbereitschaften zu übernehmen. Grundvoraussetzung hierfür ist die Erteilung der begrenzten Zulassung durch die hiesige Ärztekammer, welche im September erfolgen soll. Im Moment operiert Florian noch unter direkter Aufsicht, was sowohl rechtliche, als auch Einarbeitungsgründe hat. In die tägliche Routinearbeit mit Stationsvisiten, Ambulanz, Elektivoperationen und Konsiliardiensten ist Florian bereits voll integriert.
Ein weiterer Punkt wird der Ausbau des Notfallmanagements sein. Notfälle im OP und Reanimationen bedürfen regelmäßiger Schulung und gezieltem Training. Florian wird in den kommenden Wochen anfangen, Fortbildungen im Bereich des Notfallmanagementes zu organisieren und Reanimationstrainingseinheiten leiten. Hierbei werden wir stellenweise improvisieren müssen, da das Haus bisher nicht über Reanimationspuppen verfügt.
Die Chirurgie neigt sowohl intra- als auch perioperativ sehr zur Improvisation, was den regelmäßigen Erfahrungen mit Materialmangel und nicht funktionstüchtigen Geräten in den Ausbildungskrankenhäusern und Universitätskliniken geschuldet ist. Dies hat zur Folge, dass ein Teil des OP-Materials „zweckentfremdet“, bzw. nicht in der vorgesehenen Art und Weise eingesetzt wird. Hier haben Sr. Margret, welche 2 Jahre im KKH Sindelfingen gearbeitet hat und jetzt die leitende OP-Schwester ist und Florian bereits angefangen, Materialien zu sichten und die Operateure anzuleiten. Des Weiteren besteht dringender Bedarf an bestimmten OP-Instrumenten. Eine Aufgabe für die kommenden Monate wird daher die gezielte Anschaffung bestimmter Instrumente und somit die Vervollständigung der vorhandenen OP-Siebe sein.
Darüber hinaus haben Mr. Okello und die Klinikleitung angefangen, bestimmte Reservematerialien wie Kunstnetze für Rezidivhernien anzuschaffen. In den kommenden Wochen wollen wir diese Liste an vorrätigen Reservematerialien erweitern.
Marion hat sich in den vergangenen Wochen im Wesentlichen auf die stationäre Physiotherapie konzentriert. Ein klarer Schwerpunkt war hierbei die chirurgischen Station, wobei die Anleitung und Behandlung der Unfall-, postoperativen und Verbrennungspatienten im Vordergrund stand.
Da der therapeutische Bedarf auf den Stationen im Moment gut durch das eigene Personal zu decken ist, wird die Versorgung der stationären Patienten ab kommender Woche an das Stammpersonal zurückgegeben und Marion wird zwei mit dem Haus eng verbundene Sozialeinrichtungen für körperlich und geistig behinderte Kinder und Erwachsene besuchen. Dort sei es durch personelle Wechsel zu einem Engpass an Therapeuten gekommen. Genaueres werden wir aber auch erst im Laufe der kommenden Woche erfahren.
Wir bedanken uns nochmals für die Unterstützung und das entgegengebrachte Vertrauen und stehen selbstverständlich für Rückfragen oder Anregungen jederzeit zur Verfügung.
Marion und Florian Hugenberg